Ein Satz von Seth Godin bringt einen Teil unserer Arbeit als Produktmanager auf eine gute Art auf den Punkt:
„Paint a picture of the future. Go there. People will follow.“
Genau so ist es ja oft. Wenn man als Produktmanager weiß, worauf man hinaus will und wo das Produkt sich hin entwickeln soll, dann fällt es einem selbst leicht die richtigen Prioritäten für dieses Ziel zu setzen. Man hat ein ganz klares Bild vor Augen, wo es hingehen soll. Und dann fällt auch die Arbeit mit den Stakeholdern und dem Entwicklungsteam deutlich leichter.
Denn auf ein klares, gemeinsam verfolgtes Ziel hin lässt es sich leichter steuern.
Leider teilen viele Produktmanager aber dieses Bild auf eine recht abstrakte Weise. Entweder zerlegt in atomare Teilchen (Backlogitems genannt) oder in Power-Point Slidedecks die auf ihren Festplatten Staub ansetzen.
Gibt es bessere Lösungen?
Ich finde ja. Der erste Teil der Lösung liegt bei der Wahl von Methoden, mit denen man seine Konzeption festhält. Von Personas über User Empathy Mapping, Product Experience Mapping oder Story Mapping. Wählt erzählerische und visuelle Methoden und fokussiert euch auf Output mit dem man weiterarbeiten kann. Zeichnet also lieber ein Wireframe statt aufzuschreiben, was auf einer bestimmten Seite zu sehen sein wird.
Der zweite Teil der Lösung liegt dann darin, über eure Konzeption zu sprechen, sie zum Leben zu erwecken, ein gemeinsames Verständnis zu erzeugen, selbst das Ziel nicht aus den Augen zu verlieren.
Sehr gute Erfahrungen habe ich damit mit diesem Ansatz gemacht:
Konzeption muss an die Wand. Denn nur was jeder jeden Tag vor Augen hat, wird auch gemeinsame Realität.
Doch wie kann so etwas aussehen? Ich stelle euch heute zwei verschiedene Ansätze vor, die beide ihre Daseinsberechtigung haben. Die „Product Wall“, die den Stand der Konzeption zeigt und das „Product Taskboard“ das den Prozess visualisiert.
Die „Product Wall“
Bei der Product Wall gilt: erlaubt ist was hilft. Es gibt also kein richtig oder falsch. Hängt alles auf, was einen halbwegs sinnvollen Stand hat.
Achtet darauf, dass Dinge sich schnell austauschen lassen. Eine Magnettafel, eine Pinnwand oder günstige Sandwitchplatten sind ideal.
Pinnt an, was euch hilft euren Stakeholdern einen schnellen Projektüberblick zu geben aber auch das, was in den nächsten paar Sprints/Wochen entwickelt werden soll. Klebt eure Papierprototypen an, später eure Wireframes oder Designs.
Hier eine Idee was sich so alles gut auf eurer Wand machen würde:
Und ein weiteres Beispiel. Alle Screens aus dem aktuellen sowie dem kommenden Sprint. Ganz unten dreimal die gleiche Storymap. Eine für „Spezifikation geschrieben“, „Interaktionsdesign fertig“ und eine für „Design fertig“.
Wenn ihr eine Backlogitem-Nummer auf eure Wireframes oder Designs schreibt, seht ihr auch schnell, wo schon eine steht und wo ihr noch ein Backlogitem anlegen müsst. Haltet ihr das über ein paar Wochen durch, sehen mit der Zeit auch Außenstehende schnell, wie die Arbeit am Konzept vorangeht.
Aber muss ich dann ständig mit dem Team auch vor dieser Wand stehen?
Meine Erfahrung ist, dass das nicht nötig ist. Was an der Wand hängt diffundiert auf magische Art und Weise in die Köpfe. Und manchmal fangen Teams sogar selbstständig an, sich vor die Wand zu stellen, wenn sie über Implementierungsdetails sprechen. Denn wer hat schon Lust nach dem Backlogitem zu suchen, wenn doch der Screen nur 3 Meter entfernt ohnehin an der Wand hängt.
Das „Product Taskboard“
Eine zweite gute Möglichkeit, eure Arbeit sichtbar zu machen und so den Fokus zu behalten, ist das „Product Taskboard“. Es basiert auf einem normalen GTD-Taskboard: Eine Spalte für die Arbeit, die noch zu tun (also „open“) ist, eine Spalte für alles, an was ihr gerade arbeitet („doing“) und einer „done“-Spalte mit erledigten Aufgaben.
Anders als beim Taskboard des Entwicklerteams könnt ihr hier aber Konzeptionsaufgaben darstellen. Das ist besonders wertvoll, wenn ihr in einem Unternehmen mit mehreren Produktmanagern arbeitet. Denn dann macht ihr einfach für jedes Team eine Spalte.
Eine sinnvolle Ergänzung für den GTD-Teil ist meiner Meinung nach die Produktvision (am besten oben über dem Taksboard), eure nächsten Meilensteine oder alles was für kommende Quartale geplant ist und Zielsetzungen der einzelnen Teams. Das kann ein ein Satz sein wie „in 3 Monaten können unsere Kunden XYZ“ oder eine Liste mit den Kennzahlen (KPIs) auf die eure Anstrengungen derzeit ausgerichtet sind. Auch das hilft, den Fokus nicht zu verlieren.
Ebenfalls schön ist eine Liste der Sachen, an denen die Teams aktuell arbeiten. Also was z.B. derzeit im Sprint und damit in der Umsetzung ist. Denn daraus ergeben sich oft auch Aufgaben wie die Abstimmung mit dem Marketing Team über Kommunikationsmaßnahmen zum nächsten Release.
Das Product Taskboard visualisiert also eher den Prozess, die Product Wall eher den aktuellen Stand der Konzeption.
Idealerweise aktualisiert ihr das Taskboard 1-2 mal die Woche. Vielleicht in einem Standup mit euren Produktmanagement-Kollegen. Ihr könnt es außerdem auch gut zur Abstimmung mit Kollegen aus dem User Research, Interaktionsdesignern etc. verwenden.
Fazit
Konzepte werden keine Realität, wenn man sie im Schrank versteckt. Konzepte halten Ideen fest. Und diese Ideen erweckt man nur zum Leben, indem man sie mit anderen teilt.
Mit einer Product Wall oder einem Product Taskboard stellt ihr sicher, dass eure Ideen für Außenstehende greifbar werden und ihr habt selbst ständig vor Augen, auf welches Ziel ihr hinarbeitet.
Solltet ihr einen Versuch wagen oder selbst schon eine Art Product Wall haben schickt uns gerne eure Beispiele. Vielleicht habt ihr ja sogar einen ganzen „war room„? Wir teilen die Beispiele gerne oder mache einem zweiten Beitrag auf produktbezogen daraus.
Schöner Artikel. Zum Grossteil kann ich das so bestätigen. Allerdings hilft auch die beste Transparenz nicht, wenn anschliessend nicht damit gearbeitet wird bzw Änderungen und Anpassungen nicht nachgeführt werden. Lieber eine kompakte und übersichtliche ProductWall als ein schöne aber verwirrendes Wandbild.