Eigentlich wollte Jeff Patton nur einen ausführlichen Blogpost schreiben. Doch der Blogpost wollte einfach kein Ende finden, denn es gab so viel zu schreiben über die sogenannten Storymaps. Also wurde daraus gleich ein ganzes Buch, das im August bei O’Reilley erscheinen wird. Da ich dieses bereits in einer Rohversion lesen durfte, will ich es euch heute als Sommerlesestoff 2014 ans Herz legen.
Wer sollte dieses Buch lesen?
„User Story Mapping – Discover the Whole Story, Build the Right Product“ ist ein Buch für alle, die Produkte aus dem Nichts erschaffen wollen und noch eine Methode suchen, die Ordnung ins Chaos bringt. Es ist ein Buch für diejenigen, die an einem bestehenden Produkt arbeiten und oft vor lauter Bäumen (Backlogitems) den Wald (Release-Ziel, Produktvision, …) nicht mehr sehen. Und es ist ein Buch für alle, die schon lange mit der Storymapping-Methode arbeiten und ihr Potenzial nun voll ausschöpfen möchten.
Was ist eigentlich eine Storymap?
Eine Storymap ist eine Visualisierungsmethode, die hilft, die fachliche Domäne zu einem Produkt zu erschließen. Sie hilft sowohl Benutzerbedürfnisse zu berücksichtigen, als auch den Überblick über das Backlog zu behalten. Ganz vereinfacht heißt dies, mit dem Nutzer im Blick dessen einzelne Arbeits- oder Prozessschritte in Epics festzuhalten und dann in Stories zu beschreiben, welche einzelnen Handgriffe der Nutzer macht, um den Schritt abzuschließen.
Jeff Patton nennt im Buch das schöne Beispiel der morgendlichen Routine vom Bett bis zum Schreibtisch: „Was machst du von dem Moment, in dem du die Augen öffnest, bis du im Auto zur Arbeit sitzt?“. Dabei wären „Nutzer geht ins Bad“ oder „Nutzer frühstückt“ zum Beispiel passende Epics. Und passende Stories wären „Nutzer putzt Zähne“ oder „Nutzer deckt den Tisch“. Notiert wird das dann einfach wie folgt:
Was ihr von dem Buch erwarten könnt
- Ihr erfahrt, warum das geschriebene Wort Dinge oft nicht auf den Punkt bringt und Spezifikationen damit nie zu einem tollen Produkt führen. Jeff findet dazu tolle Beispiele. Ich sage nur „Happy Birthday Peter – Nuts Allergy“ – siehe Cake Wrecks oder das tolle Beispiel von Urlaubsbildern anderer Leute. Euch sagen diese Bilder nicht viel, aber dem, der sie gemacht hat, fallen sofort Gerüche, Temperatur, Stimmung und Ereignisse zu dem Bild wieder ein. Genau so ist es oft mit geschriebenen Backlogitems: der Produktmanager hat ein halbes Universum dazu in seinem Kopf, doch das geschriebene Wort transportiert davon nur einen Bruchteil an das Team.
- Ihr erkennt warum das „gemeinsames Verständnis“ in der Produktentwicklung (shared understanding) so wichtig ist!
- Ihr findet ausführliche und praxisnahe Beispiele für den sinnvollen Einsatz von Storymapping wie z.B. dem Verhindern von „flat backlogs“ oder dem Planen eurer nächsten Releases. („Build less“)
- Ihr bekommt eine Zusammenfassung der gängigen Lean Product Management Prinzipien. („Learn from everything you build“ – ich sag nur… Lean Startup…..)
- Und ihr findet eine gute und einfache erste Aufgabe für eure erste eigene Storymap (das hat was mit Duschen zu tun!).
- Außerdem wisst ihr nach Lektüre des Buches, wie wichtig es für die erfolgreiche Produktentwicklung im Team ist, gute Geschichten zu erzählen. Und ganze Geschichten („telling the whole story“).
Was ich mit Storymaps mache
Storymaps sind meine Methode der Wahl, um Klarheit und Struktur in ein Thema zu bringen. Seit ungefähr fünf Jahren begleiten mich Storymaps bei meinen Arbeitgebern und Kunden. Und immer kommt es zu großen Aha-Effekten, wenn am Ende der Storymapping-Session Dutzende von Post-its an der Wand hängen und auf eine ganz einfache Art und Weise erzählen, was der Nutzer so vor hat, wenn er das Produkt benutzt.
Oft höre ich dann Sätze wie „oh man! Und zu jedem der Post-its fallen mir ja noch 10 Sachen ein, die man mal durchdenken müsste. Das wird echt Arbeit!“ oder „ach, ok…. Ich glaube das Produkt kann in meinem Kopf schon viel mehr, als man für eine erste Version vielleicht bräuchte.“ Und dann sage ich Sätze wie: „Super, dann sprechen wir gerne mal darüber, was man alles später hinzufügen könnte, nachdem wir schon etwas darüber gelernt haben, wie die Nutzer mit unserem Produkt umgehen.“
Ihr seht, Storymaps sind eigentlich, wie klassische User Stories es auch sein sollten, „ein Versprechen zur Kommunikation“. Die Methode ist einfach zu verstehen und von jemandem mit Erfahrung auch schnell zu erlernen. Meiner Meinung nach ist sie unschlagbar wenn es darum geht, Klarheit und Transparenz in Sachen Produktumfang und Milestone-Planning zu bekommen.
Leseprobe – „how the book is organized“
Damit ihr noch besser einschätzen könnt, ob das Buch etwas für euer Regal ist, beschließe ich den Artikel mit Jeffs Beschreibung der Inhalte seines Buches (ja, das Buch ist im Moment nur in Englisch erhältlich) und hoffe, ich habe euch ein wenig neugierig gemacht auf diese Art und Weise sich einem Produktthema anzunäheren. Viel Spaß beim Lesen!!
Story Mapping from 10,000 feet
Chapters 1-4 will give you a high-level view of story mapping. If you’ve been using stories for a while, and played with a story map before, this should give you enough to get going right away.
Chapter 5 gives you a nifty exercise to help you learn the key concepts used to create a great story map. Try it out with a group in your office, and everyone who participates will get it. And I promise you the maps they create for your products will come out better afterward.
Grokking user stories
Chapters 6-12 tell the story behind stories, how they really work, and how to make good use of them in Agile and Lean projects. Because, inside story maps are lots of little stories you can use to drive day-today development. Even if you’re an Agile veteran, I promise you’ll learn something about stories you didn’t already know. And, if you’re new to stories, you’ll learn enough to surprise the Agile knowit-alls at your office.
Better backlogs
Chapters 13-15 dive deep into the lifecycle of a story. I’ll discuss specific practices that help you use stories and story maps starting with big opportunities and moving through the discovery work to identify a backlog full of stories that describe a viable product. You’ll learn how story maps and lots of other practices can help you every step of the way.
Better building
Chapters 16-18 dive deeper into using stories tactically, iteration-byiteration or sprint-by-sprint. You’ll learn how to get stories ready, to pay attention while they’re built, to really get them done, and to really learn from each story you convert to working software.
Weiterführende Links
- Lust auf einen Story Mapping Workshop? Im Oktober gibt es einen Einsteigerworkshop in Hamburg
- Jeff Patton, 2005. It’s all in how you slice it.
- Jeff Patton, 2008. The new user story backlog is a map.
- Scrum in der Praxis, Story Maps – Selbsterklärende Product Backlogs.
- it-agile. Story Maps – Landkarten für das Backlog.
- Richard Lawrence, 2009. Patterns for splitting user stories.
- Über das Gegenteil zum „flat backlog“: Roman Pichler, 2010. Making the product backlog DEEP.
Abbildungen
- Abbildung 1: abstrahierte Storymap – via Scrum in der Praxis
- Abbildung 2: Fotocollage – Petra Wille
- Abbildung 3: Buchcover: – via O’Reiley
- Abbildung 4: Fotocollage – Auszüge aus dem Buch mit freundlicher Genehmigung von Jeff Patton