Die MVP Entwicklung wird immer beliebter. Unternehmen erkennen den großen Vorteil, mit einem minimal wertschöpfenden Produkt schnell an den Markt zu gehen, um so wertvolles Feedback zur Optimierung des Produktes zu erhalten.
Es gibt viele gute Erklärungen im World Wide Web darüber, was die Entwicklung eines MVP ausmacht. Immer wieder verwendet wird dabei die Grafik von Henrik Kniberg, die am Beispiel der Entwicklung eines Autos das Vorgehen der MVP Entwicklung beschreibt. Sie zeigt, wie ausgehend von einem Skateboard das Produkt immer mehr verändert wird, bis am Ende ein Auto herauskommt.
Betrachtet man die Grafik genauer und gleicht die MVP Definition mit ihr ab wird jedoch deutlich: so ganz stimmig ist die Darstellung nicht.
Wir von der Digital Innovation Factory FLYACTS beraten unsere Kunden und entwickeln aus Überzeugung ausschließlich nach der MVP Methode. Unsere Erfahrungen möchten wir gerne mit euch teilen und haben einen Guide verfasst, in dem wir unter anderem auch die Grafik von Henrik Kniberg korrigieren.
MVP ist kein Prototyp
Denn der dort dargestellte Weg vom Skateboard, zum Roller, Fahrrad und Motorrad bis hin zum Auto beschreibt im Grunde nicht eine MVP-Entwicklung, sondern eine Prototypenentwicklung. Bei dieser wird jeweils eine Art Modell entwickelt, das nach der Testphase verworfen wird. Die nächste Produktstufe wird anschließend neu gebaut und kann auch vollkommen andere Features und Bestandteile enthalten.
Die MVP Entwicklung hingegen baut immer auf der Vorgängerversion auf. Weggeworfen wird nichts. Denn: Jeder Schritt ist wichtig und notwendig, um zum Endprodukt zu gelangen. Diese Zwischenschritte lassen sich anders als bei der Prototypenentwicklung mit minimalem Aufwand erstellen. Nach jeder Feedback-Runde kann das MVP angepasst und einem Test unterzogen werden. Das macht die MVP Entwicklung so schnell und gleichzeitig kundenzentriert.
Build. Measure. Learn.
Um die Verwechslungsgefahr zwischen Prototyp und MVP zu vermeiden und zu verdeutlichen, was die MVP Entwicklung tatsächlich bedeutet, haben wir die bekannte Skateboard-Grafik weiterentwickelt.
Unsere optimierte Version zeigt: Die MVP Entwicklung geht iterativ vor und fängt mit den notwendigsten Dingen an, um sich immer mehr zu einem wirklich innovativen und vor allem nutzerfreundlichen Fortbewegungsmittel zu entwickeln. Am Ende der MVP Entwicklung kann etwas vollkommen anderes herauskommen, als man sich zu Anfang überlegt hatte. Denn, wie das Produkt aussieht, entscheiden die Nutzer. Durch ihr Feedback wandelt sich das Produkt vom Roller zum Elektroroller und hebt plötzlich im wahrsten Sinne des Wortes ab. Am Ende kann wie in unserem exemplarischen Beispiel gezeigt, die Fortbewegung sogar in der Luft erfolgen. Wer weiß das schon?
Gerade dieser Faktor des radikal Denkens und „Alles offen Lassens“ fehlt in der bisher verbreiteten Grafik. Ein Auto ist schließlich nichts Neues. Genau das ist aber ein wichtiger Wesenszug der MVP Entwicklung: Alles kann. Und wie es wird, entscheidet das Nutzerfeedback und wie dieses umgewandelt wird.
Wie seht ihr das Thema MVP? Habt ihr bereits Erfahrungen damit sammeln können? Seht ihr die hier vorgestellte Weiterentwicklung als verständlich und notwendig an? Wir freuen uns über euer Feedback.
Ihr wollt mehr zum Thema MVP erfahren? Wir haben einen übersichtlichen Guide erstellt, den ihr euch hier herunterladen könnt.
Die Grafik von Henrik Kniberg hat hat durchaus ihre Schwächen und verträgt Verbesserungen – das Fahrrad ist schließlich keine Vorstufe des Autos, sondern das effektivste und fortschrittlichste Verkehrsmittel der Welt ;).
Dennoch ein kleiner Hinweis: Im Original ist das Endergebnis sowohl des Produktes als auch der Kundenzufriedenheit in der Entwicklung über das Skateboard ein anderes als bei der monolithischen Entwicklung (Cabrio vs. konventioneller PKW). Das ist schon so gemeint, dass der Einfluss des Kundenfeedbacks das Produkt geformt hat.
Die Hoffnung, dass mit dem MVP-Ansatz keine Funktionsbestandteile „weggeworfen“ werden müssen, teile übrigens ich nicht. “Alles offen Lassen” bedeutet auch bestehende Produktbestandteile in Frage zu stellen. Zumal man in ein MVP auch vorsätzlich Provisorien, Hacks und Shortcuts einbauen darf um schnell an Feedback zu kommen, die sollen später tunlichst ersetzt werden.
Wer MVP besser verstehen will, sollte sich folgenden Beitrag unbedingt anschauen:
Patton, Jeff (2018): MVP and why we confuse building to learn with building to earn. InVision AG. Düsseldorf, 17.04.2018. https://www.youtube.com/watch?v=ItwIRAX0Bmw
Lieber Joachim,
vielen Dank für den Start dieser Diskussion und deine Ansicht. Tatsächlich haben wir es etwas zu überspitzt formuliert. Wir sind auch der Meinung, dass Teile, die sich als nicht sinnvoll erweisen, „weggeworfen“ werden können. Wir sind aber gegen den kompletten Neustart eines Produktes je Entwicklungsphase, denn das wäre für uns nicht im Sinne der MVP Entwicklung.
Wichtig ist es unserer Ansicht nach, immer die Vision im Auge zu behalten. Und die kann beim Fahrrad und beim Auto nur schwer die gleiche sein. ;)
Es stimmt: In Henrik Knibergs Grafik unterscheidet sich das Endergebnis der monolithischen Entwicklung ein wenig von der von ihm als MVP dargestellten Vorgehensweise.
Was wir als Prototypen Entwicklung darstellen, soll auch nicht H. Knibergs MVP Verständnis entsprechen. Wir möchten in unserer Grafik eher den grundlegenden Unterschied zwischen monolithischer Produktentwicklung, Prototypenentwicklung und MVP-Entwicklung verdeutlichen. Knibergs Darstellung vermischt Prototypen und MVP Entwicklung ein wenig, wie wir finden. Unsere Darstellung des MVP soll also eher zeigen, was Knibergs Darstellung noch nicht eindeutig zum Ausdruck bringt. Womöglich hatte er genau das im Kopf, es kommt nur für uns in seiner Darstellung nicht gut rüber.
Vielen Dank, Christin, für die Erläuterungen, leuchtet mir komplett ein. Eure Darstellung der Evolution des Produktes in der MVP Entwicklung ist wirklich sehr schlüssig, jeder Schritt ist eine Erweiterung der Vorgängerversion und das Endresultat eine Innovation, die so noch nicht vorhersehbar war.
Bei längerer Betrachtung fällt mir noch ein Detail auf: Schön wäre es, wenn auch auf Skateboard und Roller ein Nutzer zu sehen wäre, letztlich ist das ja einer der bedeutendsten Unterschiede zum monolithischen Ansatz, dass das Produkt schon in einem ganz frühen Entwicklungszustand verwendet wird.
Ich war mal so frei: https://shared-assets.adobe.com/link/5c1a6621-411e-49a7-7a31-9bd4ea9cd36c
Wie toll! Vielen Dank, Joachim! So ist es perfekt! Sehr gern würden wir es ab sofort genauso darstellen.
Wir sind begeistert von der kreativen Energie hier! Genauso muss es sein. :)
Gerne, freut mich, wenn es Euch gefällt. Könnt ihr gerne so verwenden, Link zur offenen Datei schicke ich Dir per XING.
Wenn Meetups und Konferenzen schon nicht stattfinden, belebt das die anderen Kanäle zum Austausch, die uns bleiben.
„Wichtig ist es unserer Ansicht nach, immer die Vision im Auge zu behalten. Und die kann beim Fahrrad und beim Auto nur schwer die gleiche sein. ;) “
Aber wir kann denn die Vision beim Tretroller und beim E-Hubschrauber die gleiche sein?
Ich weiß ehrlich gesagt nicht, welches Bild vorher da war, kenne die unüberarbeitete Version nicht, finde aber dieses Bild noch immer am passendsten.
https://i.imgur.com/pnUUkwM.png
Grüße
Johannes