Web Summit – ein Event der Superlative: 50.000 Teilnehmer, über 600 Speaker, drei Tage Programm, unzählige Sideevents und Ticketpreise um die 1.000 €. „Europe’s Largest Technology Marketplace“ so die Veranstalter.
Will man da hin? Ich eigentlich nicht. Großevents dieser Art sind in der Regel nicht mein Ding. Zuviel „Sehen und gesehen werden“, zuviel Geschnatter, zu wenig Substanz. Aber irgendwie ist man dann ja doch neugiereig. Und als es die Chance gab ein, mit 0€ sehr günstiges, „Women in Tech“ Ticket zu ergattern habe ich zugeschlagen.
Ein paar Tage in Lissabon mit Freunden und Kollegen klingt so oder so verlockend und vielleicht fällt ja doch der ein oder andere spannende Talk für Produktmanager und Interaktionsdesigner ab.
Vorbereitung
Die Vorbereitung für das Event erfordert eine gewisse Disziplin. Man konnte sich bereits zwei Wochen vorher durch das Programm klicken. Natürlich in der speziellen Konferenz-App und dort die Vorträge speichern, die einem interessant erschienen.
Themenvielfalt
Die Bühnen waren nach „Themen“ geordnet und die Liste gibt im Nahhinein eine ganz gute Idee von der Bandbreite des Events. Es gab folgende Bühnen: Centre Stage, Enterprise Stage, Society Stage, Marketing Stage, Machine Stage. An einem Tag außerdem die Startup Uni Stage,
Sport Stage, Design Stage, Money Stage, Data Stage, Content Stage, Music Stage, HealthTech Stage, Code Stage und Fashion Stage.
Die Bühnen waren über 5 Messehallen verteilt und bis auf die Center Stage alle ähnlich groß.
Es geht los!
Der Checkin verlief total problemlos. Man konnte schon direkt am Flughafen einchecken und sogar ein sehr günstiges Flatrate-Ticket für den öffentlichen Nachverkehr erwerben. Coole Sache.
Montag Abend startet dann der eigentliche Summit mit sehr, sehr langen Schlangen vor der Halle. Wir hatten Glück, waren früh da und konnten in der Halle einen Platz in Reihe 8 ergattern. Das war nicht allen vergönnt. Ca. 3.000 Konferenzteilnehmer mussten vor der Halle vor großen Screens frierend ihren Abend verbringen. Ein eher unschöner Start.
In der Halle war die Stimmung allerdings gut. Bühne und Lichtshow waren wirklich beeindruckend und die Menge liess sich den Spaß auch von 30 Minuten Warten auf den Konferenzstart nicht verderben. Laola Welle und Lichtermeer für Europas Politiker (z.B. José Manuel Barroso) und Hollywoods Vorzeigegründer Joseph Gordon-Levitt inklusive. Mich persönlich hat die Größe zwar beeindruckt, die Inhalte des Abends aber nicht wirklich inspiriert. Der Funke sprang nicht über. Zumindest nicht zu mir.
Tag 1 der Konferenz
Der erste Tag klang im Programm vielversprechend. Keynote vom Facebook CTO und anschliessend ab zur „Design„-Bühne, die vor allem Design und UX-Vorträge in petto hatte. Ich sah einen inspirierenden Talk von Marina Willer, durfte endlich John Maeda mal aus der Nähe sehen, Tristan Harris „time well spent“ Movement-Talk live erleben und fand die meisten restlichen Talks auch ganz solide.
Allerdings war der Tag auch unglaublich anstrengend. Die Bühnen waren nicht etwa in getrennten Räumen sondern direkt in den Ausstellungshallen und nur durch einen Vorhang vom lauten Gemurmel der Massen getrennt. Sitzpläte zu ergattern war schwierig. Mittagessen gab´s nur nach mindestens 30 Minuten Schlangestehen an einem der Foodtrucks und für Toilettengänge musste man ebenfalls 30 Minuten einkalkulieren. Wenn man eine Frau ist. Sonst auch etwas mehr.
Ich persönlich habe nach Tag 1 beschlossen, mir das nicht weiter anzutun und mit die Konferenz im Live Stream aus unserer Konferenz-WG heraus anzusehen. Bessere Tonqualität, weniger Stress.
Und als Produktmanager finde ich, man müsste das Web Summit dringend mal „user centered“ komplett neu denken. Denn wenn es dem Menschen ständig zu warm, zu kalt, zu laut, zu hungrig, zu durstig, zu … ist, dann ist es schwer neues zu Lernen oder über die wirklich wichtigen Fragen dieser Welt nachzudenken.
Night Summit
Während das Web Summit tagsüber auf dem alten Expogelände stattfindet, findet des Abends das Night Summit in der Altstadt von Lissabon statt. In drei gekennzeichneten Bereichen treffen sich die Konferenzteilnehmer zu Tapas, Drinks und reichlich Networking. Die Athmosphäre dort war toll und alleine wegen der Abende in den Gassen der Stadt lohnt sich die Anreise!
Mein Fazit
Lohnt sich das für Produktmanager und Interaktionsdesigner? Ich sage ganz klar: es gibt viel bessere Konferenzen für unsere Zunft.
Ich glaube das Web Summit ist eine gute Veranstaltung für alle, die wirklich und aktiv Netzwerken wollen oder für die, die sich zu einem bestimmten Trendthema erste Einblicke verschaffen wollen. Bots, VR, AI – alles ohne Zweifel wichtig für unsere digitale Zukunft.
Es ist außerdem eine Konferenz bei der die großen der Branche erzählen woran sie gerade Arbeiten oder worüber sie gerade nachdenken. Speaker, die auf die kleinen Konferenzen nie kommen würden. Wer also den großen der Branche auf den Mund schauen will, ist hier gut aufgehoben.
Doch das geht meiner Meinung nach auch mit 3 Tagen Urlaub und dem Websummit im Livestream. Dazu muss man sich nicht wie Vieh drei Tage lang in Konferenzhallen sperren lassen.
Das sagen andere Teilnehmer
Was findest du am Web Summit besonders bemerkenswert?
„Lissabon ist ein fantastischer Ort für den Websummit und hat einen anderen Spirit, als zB die dmexco.“ – René Körting, Exelution GmbH
Was kannst du für deinen Arbeitsalltag vom Web Summit mitnehmen?
„Ich war inspiriert von dem Talk vom Marina Willer. Baseline war: Wir als Designer schränken uns und die Menschen mit denen wir arbeiten oft sehr ein mit all den Grids und Designregeln. Die Inspiration und die Seele von Design geht dabei oft verloren. “ – Miriam Scheibe, Freelance Senior UX Designer & Consultant
„Fachliches / Inhaltliches leider nicht so viel, wie ich mir erhofft hatte (Vorträge waren häufig oberflächlich). Dafür sehr viele Kontakte.“ – René Körting, Exelution GmbH
Was war dein Magic Moment auf dem Web Summit 2016?
„Die überfüllte Innenstadt im Web Summit Fieber. Cooler Spirit!“ – René Körting, Exelution GmbH
Welche wichtige Erkenntnis hattest du für dich auf dem Summit?
„Solche Großveranstalungen sind eher geeignet für Menschen, die sich einen Überblick verschaffen wollen. Vorträge und Podiumsdiskussionen gehen nicht in die Tiefe. Ich persönlich nehme für mich mit, dass ich kleinere Konferenzen lieber mag auf denen es persönlicher zugeht.“ – Miriam Scheibe, UX
„Wer sich inspirieren lassen und was lernen möchte, braucht nicht nach Lissabon zu kommen, sondern kann sich wunderbar alle Sessions per Video ansehen. Ein Grund dennoch herzukommen ist die Stadt Lissabon, die herzlichen Lissabonner und die Tatsache, dass sich die Stadt an den Abenden in eine große Party- und Network Area zu den Night Summits verwandelt. Eine tolle Möglichkeit mit vielen anderen Teilnehmern in ungezwungener Atmosphäre in Kontakt zu kommen.“ – Julia Brewing, Marketing
Wie würdest du den Web Summit in 5 Worten beschreiben?
„Sightseeing-Web-Party-mit-
Weitere Meinungen
Andreia Domingues
Web Summit 2016: an all-interesting ecosystem that picks up the pieces of an ever fragmented world — my experience
Ana Henneberke
Web Summit 2016, my experience in Lisbon a decade on, plus talks worth watching!