Vielen unser Leser ist mittlerweile sicher das Digitale Leute Magazin ein Begriff. Ähnlich wie wir von produktbezogen hat sich das Magazin den Themen digitale Produkte, Produktmanagement und UX verschrieben. Und genau aus diesem Themen-Überschnitt heraus haben wir den Digitale Leute Summit – die Konferenz des Magazins – in seit 2019 gern begleitet.
Bereits im letzten Jahr habe wir uns in einem Interview mit Magazin-Gründer Stefan Vosskötter über die digitale Szene, das Magazin und den Summit unterhalten. Und da in diesem Jahr die Corona-Pandemie die ganze Welt und damit auch die digitale Szene und Konferenzen durcheinander gewirbelt hat, haben wir die Gelegenheit genutzt um das Gespräch mit Stefan fortzusetzen. Lest im Folgenden, wie ist es, eine Konferenz plötzlich komplett auf „remote“ umstellen zu müssen und was die Pandemie mit der digitalen Szene aber auch Stefan persönlich gemacht hat:
Hallo Stefan, schön dass du nochmal Zeit für uns hast. Im letzten Jahr haben wir uns ja schon über eure Konferenz-Reihe unterhalten. Lass uns doch mal zurückblicken, wie war denn der Digitale Leute Summit 2019?
Hallo Wolf, immer gerne doch! 2019 waren wir sehr zufrieden mit unserer Konferenz und hatten eigentlich viele Pläne, alles ein bisschen größer auszubauen. Der Plan war, auch einen zweiten Tag einzuführen, der mit vielen Side-Events und Workshops den ganzen Vortag der Hauptkonferenz füllen sollte. Auch für die zwei Abend-Events hatten wir konkrete Pläne.
Und dann kam 2020 und Corona…
Unsere Planungen liefen bis in den März hinein… und dann wurde das Ausmaß der Pandemie ja ganz klar.
Das hat sicher einiges über den Haufen geworfen, so dass ihr letztendlich wie viele andere Veranstalter den Summit online durchgeführt habt. Was hat das mit dir und deinem Team gemacht?
Das hat so ziemlich alle Pläne über den Haufen geworfen. Die erste Idee war, den Summit 2020 auf dem Mai 2021 zu verschieben. Auch da wurde schnell klar, dass es sehr unsicher ist, ob im Mai 2021 große Konferenzen durchgeführt werden können. Dann haben wir irgendwann geshiftet und haben uns den Möglichkeiten einer Remote Edition unserer Konferenz zugewandt. Man konnte sich ja bei der Schwemme an Online-Konferenzen viel ansehen und herausfinden, was gut funktioniert hat und was nicht.
Und wie war dann der Event selbst? Bist du zufrieden?
Ich denke, wir haben da etwas Gutes auf die Beine gestellt. Wir haben tolles Feedback zu den Inhalten selber und den Visuals insgesamt bekommen. Was natürlich nicht an die Möglichkeiten einer Offline-Konferenz herankommt, sind die Networking-Möglichkeiten. Es war toll, wie unsere Partner uns auch im Online Format unterstützt haben. Aber trotzdem würden sich, glaube ich, alle freuen, wenn der Event wieder offline stattfinden kann. Man kann so etwas online machen, sollte aber auch nicht den technischen Aufwand und die Organisation unterschätzen.
Wie sind eure Pläne für 2021? Werden wir uns wieder offline treffen?
Das hoffe ich doch – die Wahrscheinlichkeit, dass wir im nächsten November wieder größere Events besuchen können, halte ich persönlich für höher, als dass dies nicht der Fall sein wird – aber wirklich genau voraussagen kann man das natürlich nicht.
Blicken wir zum Schluss mal nach außen. Durch das DL Magazin und dein zweites Projekt Deutsche Startups hast du ja viel Kontakt mit der digitalen Szene. Wie hat dieses Jahr die Szene und die Menschen in ihr verändert?
Ich glaube, viele sind verwundert, wie sehr die Nachfrage und Nutzung von digitalen Services nochmals zugenommen hat. Vorher war „digital“ auch schon das Riesenthema – aber nun ist unser ganzes Leben nochmals „digitaler“ geworden. Man hätte sich gar nicht vorstellen können, dass es noch schneller vorangehen kann. Ob es unsere Arbeit oder auch unser Einkaufen betrifft, alles wird immer schneller immer digitaler.
Ich habe das Gefühl, viele in der Szene verstehen immer mehr, wie privilegiert sie eigentlich sind, da unsere Arbeit im Kern fast nicht von Corona betroffen ist. Unsere ganzen Wertschöpfungsprozesse können remote umgesetzt werden und wir können diesen Wandel mitgestalten. Vielen wird bewusst, wie anders das Bild in andere Branchen aussieht. Ich denke wir sollten als digitale Professionals sehr dankbar dafür sein.
Und wie schaut es bei den Gründern aus?
Bei den Gründern hat sich nicht soviel verändert – ein neues Startup am Markt zu positionieren war immer hart, egal ob zu Zeiten von Finanzkrisen, Corona oder auch in “normalen” Zeiten. Gleichzeitig zeichnet sich zudem ab, dass 2020 ein Rekord-Investitionsjahr in Startups war.
Auch wenn Corona irgendwann hoffentlich besiegt ist, wird die Welt doch eine andere sein als 2019. Was nimmst du dir aus dieser Zeit mit, für Digitale Leute, für eure Konferenzen aber auch für dich persönlich?
Für unsere Konferenz nehme ich mit, wie wichtig und besonders doch der persönliche Kontakt vor Ort zu anderen Menschen ist. Dadurch werden physische Treffen in der Zukunft, wenn sie dann wieder stattfinden werden, nochmals aufgewertet. Wie schon angesprochen, ist durch Corona die Nachfrage nach digitalen Produktentwicklern nochmal gestiegen, alle digitalen Prozesse werden nochmal beschleunigt. Das ist für unsere Szene, so schlimm sich das auch anhört, eine beruflich und geschäftlich ziemlich positive Entwicklung.
Für mich persönlich nehme ich mit, dass ich mich in Deutschland ziemlich gut aufgehoben fühle. Es gibt natürlich an allen Ecken viel zu verbessern, aber der Blick um uns herum offenbart jetzt noch deutlicher, auf welcher Insel wir eigentlich leben. Damit meine ich unser politisches System, das Gesundheitssystem, aber auch die Hilfsprogramme und Gelder, um die schlimmsten Folgen der Pandemie für viele zu lindern. Und dann gibt es noch einige Aspekte der Pandemie, die entschleunigend auf mich wirken. Ich hoffe, das nehme ich für die Zeit danach für mich mit!
Vielen Dank für das Gespräch, Stefan. Wir wünschen dir ein frohes Weihnachtsfest und ein erfolgreiches und vor allem gesundes Jahr 2021
Danke dir Wolf, das wünsche ich auch dir persönlich und allen Lesern von produktbezogen. Auf ein besseres 2021!
Die Summit-Talks aus 2020
Ausgewählte Talks aus der diesjährigen Ausgabe des Digitale Leute Summits könnt ihr euch bereits online anschauen:
- How to start a new project in a pandemic – Eleanor Harding (Twitter)
- Design Critique: How we discuss design with critique – Jan Kiekeben (XING)
(Tipp: Jan hat hier im Blog auch einen schönen Artikel zum Remote-Aspekt der Design-Kritik geschrieben) - UX Design: Make it fast, make it work, make it beautiful – Lu Yu (Pitch)
- How to do user research right – Nikki Anderson (Zalando)
- Why Software Architecture Matters – Stefan Tilkov (INNOQ)