Design Sprints sind ein sehr populäres Vorgehensmodell für die agile Produktentwicklung. Innerhalb weniger Tage werden im Team neue Konzepte und Ideen entwickelt und validiert. Design Sprints gut zu machen, ist aber kein Selbstläufer. Ausreichend Vorbereitungszeit, die richtigen Methoden und gute Team-Arbeit sind wichtig. Dabei gibt es 5 typische Symptome, wo Du als Design Sprint Master ansetzen kannst und konkrete Tipps, was hilft.
Design Sprints bzw. Product Discovery begleitet mich in meinem Job schon einige Jahre. So lange schon, dass ich mittlerweile auch als Discovery Coach arbeite, um Teams zu helfen schneller und besser in der Organisation und der Durchführung von Design Sprints zu werden. Meist hakt es dabei an den selben Stellen und es gibt 5 typische Anzeichen, dass Dein Design Sprint besser laufen könnte.
5 Symptome nicht gut laufender Design Sprints
- Planungsphobie:
Zu jedem guten Design Sprint gehört die entsprechende Vorbereitung bzw. das richtige Sprint Design. Dazu gehört z.B. die Definition einer Design Sprint Challenge aber auch die Raumorganisation für die User Interviews oder die Team-Workshops. Oft nimmt die Vorbereitungszeit eines Design Sprints sogar mehr Zeit in Anspruch als der Design Sprint selbst. Leider unterschätzen viele Teams die notwendige Vorbereitungszeit oder lehnen sie sogar komplett ab. Schade, da die Sprint-Ergebnisse darunter leiden. - Methodenhype:
Die richtige Methodenauswahl ist für den Erfolg eines Design Sprints entscheidend. So ist es z.B. für einige Aufgabenstellungen sinnvoll mit User Interviews anzufangen, um die Ausgangssituation der Nutzer besser zu verstehen. Beim nächsten Sprint ist wiederum ein Wettbewerbs-Review mit dem Team der beste Startpunkt. Ja, Methoden sind essenziell. Aber deswegen muss nicht jede neue Methode ausprobiert werden, was oft passiert. Zu häufiges Experimentieren mit Methoden lenkt von dem ab, worum es eigentlich geht – die Nutzer und das Produkt. Meine Co-Autorin Petra hat zu diesem Thema einen lesenswerten Artikel geschrieben. - Silo-Arbeiten:
Ein guter Design Sprint ist immer das Ergebnis von guter Team-Arbeit. Das Team muss nicht ständig zusammenhocken, aber transparente Kommunikation und eine offene Grundhaltung sind wichtig. Leider kommt es oft vor, dass der Design Sprint Ansatz missverstanden wird und z.B. der Interaktions-Designer die ganze Zeit alleine an einem Prototypen sitzt und nur kurzes Feedback per Email bekommt. Hier kommt eines der wichtigsten Erfolgsprinzipien für Design Sprints zu kurz. - Wasserfallverhalten:
Im klassischen Wasserfall-Ansatz werden alle Arbeitspakete von Strategie über die Konzeption und das Design nacheinander abgearbeitet und nach Abschluß an die nächsten Verantwortlichen übergeben. Ein Hinterfragen oder nachträgliches Ändern von Grundannahmen und Feature-Briefings findet hier nicht statt. Design Sprints funktionieren hier (eigentlich) ganz anders. Das Team startet mit der Design Sprint Challenge und hat dann den Raum eigene Lösungen zu erarbeiten. Die User Tests am Ende des Sprints sind eine weitere Gelegenheit die Idee zu validieren und ggf. die Richtung zu ändern. Oft gibt es aber den “Wasserfall-Design-Sprint”. Das Team hat nur zur Aufgabe ein konkretes Feature-Briefing auszuarbeiten. - Zeitmangel:
Um einen Design Sprint gut zu machen, braucht das Team genügend Zeit und idealerweise einen eigenen Raum. Wenn der Terminkalender schon vor dem Design Sprint fast überläuft und wenig Zeit lässt, wird es schwierig oder erfordert zumindest den Willen und die Durchsetzungsfähigkeit zum Umplanen. Das Team braucht dafür Unterstützung und die Berechtigung zum Freischaufeln und das ein oder andere Stakeholder Meeting sausen zu lassen. Ohne ausreichend Zeit funktioniert ein Design Sprint nicht bzw. hat den Namen nicht verdient.
Wenn du eins oder mehrere dieser Symptome bei Deinen Design Sprints im Team beobachtest, solltest du gegensteuern. Eine fehlende Vision ist übrigens ebenfalls ein oft auftretendes Symptom. Da sich das aber nicht nur auf Design Sprints bezieht, habe ich das nicht mit aufgelistet.
Trotz aller Anfangsschwierigkeiten: Ein guter Design Sprint bringt schnell gute Ergebnisse, macht Spaß und fördert die gute Team-Arbeit. Da lohnt es sich daran zu arbeiten, dass es besser wird.
3 Tipps für eine erfolgreiche Design Sprint Planung
- Achte auf Deine Zeitplanung
Eine gute und sinnvolle Vorbereitung für Deinen Design Sprint braucht Zeit. Du kannst davon ausgehen, dass Du für die Vorbereitung mehr Zeit investieren wirst, als für die Begleitung des Sprints selbst. Neben der Definition der Design Sprint Challenge wird die Auswahl der richtigen Methoden und des Teams Zeit in Anspruch nehmen.
- Bau Deinen eigenen Methodenkoffer
Auch wenn ein Design Sprint oft ähnlich abläuft, gibt es Methoden, die zu Produkt, Team und Aufgabenstellung nicht passen. Wenn Du Zeit in eigenen Methodenkoffer investiert, machst Du dir die Design Sprint Arbeit langfristig leichter, da Du auf ein bestimmtes Methoden-Set aufbauen kannst. Wenn in Deinem Unternehmen in mehreren Teams Design Sprints stattfinden, habt Ihr zudem das gleiche Verständnis vom Vorgehen und verliert Euch nicht in endlosen Methoden-Experimenten.
- Beziehe das Team mit ein
Design Sprints sind Team-Arbeit. Deswegen ist es wichtig, dass das Team versteht wie der Design Sprint abläuft und was das Ziel der Sprints bzw. der eigene Beitrag ist. Nur wenn Ihr gemeinsam überlegt, was besser laufen könnte, könnt Ihr Euch auch verbessern.
In einigen Firmen gibt es mittlerweile dedizierte Discovery Coaches oder Design Sprint Master, die sich ähnlich wie ein Scrum Master darum kümmern, dass die Sprints laufen. Falls Ihr nicht diese Möglichkeiten habt, versucht Euch die Vorbereitungsarbeit z.B. aufzuteilen. Das kann eine gute Alternative sein.
Zum Einstieg in das Thema Design Sprints lohnt sich das Buch von Jake Knapp, Design Partner von Google Ventures – Sprint: How to Solve Problems or Test New Ideas in Just Five Days. Oder auch die Product Design Sprint Artikelserie hier auf produktbezogen.
In diesem Sinne – viel Spaß bei Eurem nächsten Design Sprint!
Gute Tipps! Kommt aber inhaltlich irgendwie nicht wirklich an Tim Herbig’s “How to fuck up a Design Sprint”-Reihe an: https://herbigt.com/design-sprint-fuckup-day-1/
@Leopold: Danke und schön, dass dir die Tipps gefallen. In unserer Design-Sprint-Artikelreihe findest du weitere konkrete Tipps und Methoden für die Gestaltung der einzelnen Sprint-Tage. Das hilft dann gegen die F*-Up-Symptome, die Tim beschreibt.
Hallo,
ein weiterer Aspekt aus meiner Sicht ist, dass die agile Methodik etwas ist, mit dem man sich gerne schmückt, ohne die Natur des Vorgehens wirklich verstanden oder verinnerlicht zu haben.
Das wirkt sich auf die Vergabe der Prioritäten für bestimmte Arbeitspakete aus. Trotz 2-wöchiger Sprints wird weiterhin an der Flexibilität festgehalten, jedes Impediment sofort zu bearbeiten, ohne ans Parken bis zum Sprintende zu denken. Alte Gewohnheiten torpedieren so schnell die Randbedingungen fürs Arbeiten, die man ursprünglich für 2 Wochen konstant halten wollte, um die geplanten Sprintziele zu erreichen.
Weiterhin müssen Entscheider und Führungskräfte bereit sein, etwas von ihrer Kompetenz abzugeben und die Verantwortung für die fachliche Beurteilung bestimmter Sachverhalte mehr in die Hände des Teams legen. Fachliches Spezialwissen kann dazu dienen, seine Position im Unternehmen zu sichern. Bin ich als Führungskraft Gestalter der Randbedingungen fürs Arbeiten der Experten, könnte das in Extremsituationen als austauschbares Know-how eingestuft werden. Der Trainer einer Sportmannschaft ist schneller ausgetauscht als die Mannschaft selbst. Machtüberlegungen können dazu führen, sein Team nicht all das machen zu lassen, was es im Idealfall tun und können sollte.
Silo-Arbeiten kann die Folge von Ressourcenmangel sein. Im Multiprojektumfeld mit zu wenig Mitarbeitern kann der Termindruck dazu führen, dass sich das Team aufsplittet und jeder für sich arbeitet, um bei mehreren Baustellen eine Chance zu haben, einen Fortschritt zu generieren. In Folge ist es dann nicht mehr gegeben, dass mehrere gleichzeitig ein Thema bearbeiten. Logisch bleibt der Austausch untereinander aus. Pragmatisches Handeln aufgrund besonderer Umstände kann zu diesen Effekten führen. Hier wäre die Bereitschaft notwendig, andere Projekte liegen zu lassen und nicht zu bearbeiten, um es besser im Team zu bewerkstelligen. Oft erscheint aber so ein Nein zu bestimmten Aktivitäten nicht möglich zu sein.
Damit muss oberhalb des Teams eine Bereitschaft vorhanden sein, es optimal zu unterstützen für dessen Arbeitserfolg. Das betrifft die Priorität fürs Bearbeiten bestimmter Themen als auch das Ausstatten mit genügend Ressourcen. Für mich prallen unterschiedliche Sichtweisen aufeinander. Klassisch ist das Team die Masse an Ressourcen, die vorgegebene Aufgaben umsetzt. Streng hierarchisch organisiert und gelebt. Das kann mit oder ohne eine agile Hülle wie Scrum so sein. Neu ist der Leiter als Dienstleister und Trainer fürs Team, damit das Team optimal arbeiten kann. Ein Wechselspiel zweier Rollen, die mehr auf Augenhöhe sich begegnen. Ein Verflachen der Hierarchie.
Um zu gut laufenden Sprints zu kommen, müsste in der Breite aller Beteiligten, insbesondere dort, wo über Handlungsprioritäten bestimmt und über Geldmittel verfügt wird, die passende Haltung und Sichtweise eingenommen werden. Verbleibt das Denken in alten Bahnen, so kommt das agile Vorgehen nicht so richtig zur Entfaltung. Das Schulen der Mitarbeiter am Ende der Verantwortungskette bleibt ohne oder von geringem Effekt, wenn der organisatorische Überbau den Wandel nicht mitvollzieht. Zumindest können Mankos im Überbau Grund dafür sein, dass die Sprints nicht optimal laufen.
Viele Grüße
Mir sind zum Thema Design Sprint schon die absurdesten Sachen untergekommen. Hier meine Top 3 :)
1. Die Frage während eines Vorstellungsgesprächs, ob der Design Sprint überhaupt für irgendetwas taugen würde. Das wäre doch nur ein Buzz-Word.
2. Da Google drauf steht, kann man die Methode eh nicht so nutzen wie sie vorgesehen ist. Man muss das komplett abändern.
3. Den Sprint lässt man das eigene Design Team machen und das Ergebnis wird dann dem Kunden präsentiert. Leider ohne Erfolg. Die Methode bringt nichts.
Auf meinen Hinweis, dass es sich um eine sorgfältig eruierte Methode handelt, die, wenn man sich daran hält, auch erfolgreich ist, wurde ich scharf angegangen. Anmerkung: Ich habe den Design Sprint Master, die haben lediglich das Buch gelesen. Agenturen sind so dermaßen arrogant, kein Wunder das es nicht funktioniert, wenn sie es besser wissen als die, die es erfunden haben: Google.