Wie sich als Produktmanager weiterentwickeln? Das PMwheel könnte dein Kompass werden!

Wie bringt man Produktmanagern eigentlich Produktmanagement bei? Wie entwickelt man Produktmanager eigentlich gezielt weiter? Und was macht man, wenn es nur einen Produktmanager in einem Unternehmen gibt und er*sie von niemand anderem abschauen kann, wie der Produkt-Hase so läuft?

Mit diesen Fragen beschäftige ich mich nun schon einige Jahre. Und ich habe darauf mittlerweile eine Antwort. Das Framework dazu will ich heute mit euch teilen. Aber lasst uns vorne anfangen.

2016 bat mich ein Kunde jedem Produktmanager in deren Team zu helfen, “die Rolle des Produktmanagers besser zu verstehen”, und dann den Produktmanagern zu helfen, zu verstehen, wie besseres Produktmanagement in deren Kontext eigentlich aussehen würde.“ Sie wollten also den zweiten in der Illustration gezeigten Weg einschlagen und nicht den ersten.

Ist doch netter, wenn man ganz konkret weiß was von einem erwartet wird.

Die Produktorganisation dieses Technologieunternehmens bestand aus 25 Produktmanagern und mir war klar, bevor ich diesen Auftrag starte, muss ich meine Gedanken sortieren und in ein irgendwie geartetes Framework gießen. Das Framework würde dann den einzelnen Coachingsitzungen einen gewissen Rahmen geben und dafür sorgen, dass alle ein gleiches Verständnis von Produktmanagement haben.
Das Framework das daraus entstand habe ich die darauf folgenden Jahre weiterentwickelt und nenne es jetzt Product Management Wheel kurz PMwheel. Und heute teile ich dieses Framework mit euch.

In diesem, zugegebenermaßen langen Post erkläre ich:

  • Was das PMwheel ist und wie es euch weiterhelfen kann.
  • Was gute Produktmanager ausmacht.
  • Wie man Produktmanagement-Aktivitäten mit dem PMwheel misst.
  • Wie man als Produktmanager das PMwheel als Werkzeug zur Selbsteinschätzung verwendet.
  • Wie man als Head of Product, Product Teamlead, … das PMwheel nutzen kann um Entwicklungsgespräche zu führen.

Was genau ist das PMwheel?

Das PMwheel soll so eine Art Kompass sein. Eine Orientierungshilfe für alle PMs, die sich selbst gezielt weiterentwickeln wollen. Und es soll Menschen, die Produktmanager führen (nennen wir sie ab jetzt Heads of Product oder Product Leads) helfen, ihre Mitarbeiter besser zu fördern. Ich selbst verwende es mit den meisten meiner Coachees und finde es gibt immer einen guten Rahmen für solche Entwicklungsgespräche vor.

Kurzum, das PMwheel:

  • hilft Produktmanagern ihre Rolle und die damit verbunden Verantwortlichkeiten zu verstehen. Und ist ein Framework, das PMs dabei helfen kann, den nächst besten persönlichen und beruflichen Entwicklungsschritt zu identifizieren.
  • Es kann Produkt Führungskräften helfen, Entwicklungsgespräche mit ihren Produktmanagern zu führen und bessere Entscheidungen zu treffen wenn es um die Einstellung neuer Mitarbeiter geht.

Dabei kennt keine Grenzen – es kann in jeder Produktorganisation überall auf der Welt angewendet werden und es funktioniert, ohne dass ich im Raum bin. Aber es kann, sollte und darf natürlich von euch auf euer Umfeld angepasst werden.

Klingt gut? Dann könnt ihr das PMwheel hier schon mal runterladen.

Was machen Produktmanager eigentlich?

Bevor wir uns mit dem PMwheel und damit, wie man es am besten einsetzt beschäftigen, schauen wir uns einmal gemeinsam an, was einen guten Produktmanager heutzutage ausmacht. Wenn ihr mir diese Frage stellt, dann antworte ich Dinge wie:

  • PMs stellen sicher, dass ihr Produkt Wert stiftet. Sie sollen Nutzern, Kunden und dem Markt zuhören, deren Situation und ihre Probleme verstehen und darüber nachdenken, wie man diese Probleme am elegantesten lösen könnte damit das Produkt der Zielgruppe auch wirklich weiterhilft.
  • PMs minimieren Risiken: Man kann technisch perfekte, wunderschöne Produkte bauen, die dann entweder am Bedürfnis der Kunden vorbeigehen (und damit nie wirklich viel Akzeptanz finden) oder zwar von den Nutzern geliebt werden, aber für die Firma zu wenig Geld verdienen (also unrentabel sind). Sicherzustellen, dass das nicht passiert ist der Job der Produktmanager*in. Gemeinsam mit ihren Teams stellen sie Hypothesen auf, planen passende Experimente (z.B. ein Usability-Test mit einem Prototypen) und testen verschiedene Lösungen ehe das Produkt dann wirklich gebaut wird.
  • PMs stellen sicher, dass das Produkt wirtschaftlichen Erfolg hat: Auch das tun sie natürlich nicht alleine. Aber sie sind verantwortlich dafür dass dieser Aspekt in der Produktentwicklung berücksichtigt wird.
  • PMs optimieren den Outcome: Maximaler Wert bei minimalem Aufwand für den Bau der eigentlichen Lösung. Das muss ständig das Ziel sein. Dabei ist es auch wichtig sicherzustellen, dass die angedachte Lösung mit dem eigenen Team in einer vertretbaren Zeitspanne gebaut werden kann bzw. wenn dies nicht so ist Vorschläge zu machen und aufzuzeigen welche Bedingungen sich ändern müssten um des tun zu können. (Mehr Mitarbeiter, Teilprozesse über SaaS-Tools abbilden …)
  • PMs nutzen Feedback: Sobald das Produkt das Licht der Welt erblickt hat und von Nutzern genutzt wird, sind PMs sehr am Feedback dieser Nutzer interessiert. Sie nutzen dieses Feedback um weiter den Outcome für die Nutzer zu erhöhen und das Produktes unter der Prämisse weiterzuentwickeln.

Im PM-Kosmos haben diese Verantwortungsbereiche und damit verbundenen Tätigkeiten alle möglichen lustigen Bezeichnungen: Design Thinking, Product Discovery, User Research um nur einige zu nennen. Am Ende läuft es jedoch im Großen und Ganzen immer auf die oben beschriebenen Punkte hinaus.

Messung von Produktmanagement-Aktivitäten mit dem PMwheel

Damit das PMwheel in vielen Unternehmen funktioniert musste ich eine Struktur und Bezeichnungen finden, die möglichst viele PMs und deren Führungskräfte auch verstehen. Nach einigen Runden des Experimentierens (PM Ehre, ihr wisst schon 😊) habe ich eine Struktur gefunden, die ganz gut funktioniert. Ich habe alle PM-Aktivitäten in 8 Dimensionen aufgeteilt.

Für ihre Kenntnisse und Erfahrungen in jede dieser Dimensionen kann ein/e PM sich dann selbst eine Note geben. In dem Fall habe ich mich für Werte von 1 („Joah, darüber weiss ich eigentlich fast gar nix“) bis 7 („da bin ich sowas von sattelfest, das könnte ich sogar nachts um 3 Uhr jemandem beibringen“) entschieden. Eins bis sieben auch einfach, weil es dann keinen Mittelwert gibt. 3,5 ist nicht zu haben und man sich für einen Wert 3 oder 4 bewusst entscheiden. Bei 1-10 wählen die meisten Leute ja gerne die solide 5.

Zum Download gibt es das PMwheel übrigens auf meiner Webseite.

Werfen wir jetzt aber einen genaueren Blick auf die 8 Dimensionen:

Das PMwheel uns seine acht Dimensionen

Die Dimensionen eins bis fünf bilden dabei den Highlevel-Produktentwicklungsprozess einmal ab. Die Dimensionen sechs bis acht ergänzen dann nur noch:

  1. Understand the problem: Hat die Produktmanager*in die grundlegenden Nutzerprobleme im Umfeld ihres Produktes ergründet und verstanden? Versteht er*sie die Motive, Probleme und Überzeugungen verschiedener Nutzergruppen? Und ist er*sie sich über die Erwartungshaltung an das Produkt von seitens des eigenen Unternehmens im Klaren?
  2. Find a solution: Hat der/die Produktmanager*in eine Methode um aus der Vielzahl an möglichen Problemen, die man lösen könnte die mit dem größten Potenzial auszuwählen? Großartig! Und kann er*sie gute Lösungen zu diesen Problemen erarbeiten und mit Hilfe von Experimenten herausfinden welche Lösung die ist, die gebaut werden sollte?
  3. Do some planning: Ein*e Produktmanager*in muss einen Plan und eine Geschichte haben, um zu erklären, was warum gebaut werden soll. Und egal, wie er*sie dabei vorgeht (gute alte Roadmaps oder die neuesten agilen Planungstricks) muss er*sie in der Lage sein, das große Ganze in kleine Stücke zu schneiden, den Überblick zu behalten und nach und nach mit dem Team ein Produkt zu bauen, das Wert stiftet.
  4. Get it done: Jeder Produktmanager muss wissen, wie das Tagesgeschäft mit dem Produktentwicklungsteam aussieht: ER*sie muss wie man den gemachten Plan nun sinnvoll mit dem Team Realität werden lässt.
  5. Listen & Learn: Bäm, Produkt/Feature gelauncht. Jetzt gilt es rauszufinden ob das was gelauncht wurde nur eine Veränderung oder auch eine Verbesserung darstellt. Wird was wir releast haben denn so genutzt wie ursprünglich angenommen? Sehen wir eine Auswirkung auf die vorher festgelegten Kennzahlen? Und was sagen die Nutzer uns darüber hinaus? Was heißt das für die nächste Produkt-Iteration?
  6. Team: Wie gut ist der*die Produktmanager*in, wenn es um Teamarbeit geht? Was wissen sie über laterale Führung und das Motivieren von Teams?
  7. Grow: Investiert der*die Produktmanager*in etwas Zeit in das persönliche Wachstum als Produktperson? Lernt er*sie ständig hinzu?
  8. Agile: Macht der*die Produktmanager*in einfach nur mit bei diesen „agilen Sachen“ oder versteht er*sie die agilen Werte, Prinzipien und Arbeitsweisen voll und ganz und kann sie damit auch sinnvoll auf alle möglichen Arbeitssituationen übertragen?

Um festzustellen, wie effektiv ein*e Produktmanager*in jede der 8 oben genannten Aktivitäten durchführt, und um zu überprüfen, ob er*sie sie auch versteht, gibt es eine Reihe von Leitfragen, die man sich stellen kann. Auf diese gehe ich im nächsten Abschnitt weiter ein.

Hinweis: Ich weiß, dass klingt alles, als wäre der*die Produktmanager*in für so ziemlich alles alleine verantwortlich. Aber das ist nicht so. Softwareentwicklung ist ein Teamsport. Trotzdem muss jemand diese Aktivitäten im Blick behalten und sicherstellen, dass die einzelnen Schritte/Aufgaben/Überlegungen auch gemacht werden. Und eben darum geht es. Wer dann also die Nutzerinterviews am Ende koordiniert ist egal. Solange UserResearch in irgendeiner Form statt findet. Meine Bitte also: seht das Framework nicht zu dogmatisch.

Wie jede Aktivität beurteilt und bewertet werden kann

Jetzt fragt ihr zu Recht: Was steckt denn nun aber im Detail hinter den einzelnen Dimensionen? Dafür habe ich jede Menge Begleitfragen entwickelt, die zu beantworten Produktmanager*innen in der Regel recht leicht fällt. Damit ergibt sich dann in der Regel ein klareres Bild wo ein PM aktuell in seiner Entwicklung steht. Sie hier alle aufzuführen geht zu weit. Daher nur ein paar Beispiele. Die Beispiele sind in Englisch, da ich das PMwheel nur in Englisch veröffentlicht habe.

Ihr findet das PMwheel mit alle diesen Fragen als Download auf meiner Webseite. Hier nun also einige Beispiele – in Englisch da es keine Variante des PMwheels in Deutsch gibt:

Find a Solution:

  • Can they come up with various solution hypotheses and an experiment/test/learning plan for those?
  • Can they describe various methods for testing hypotheses (from fake door testing to usability testing, to split testing, etc.) and what they are for?

Get it done!

  • Can they describe how they keep the stakeholders in the loop while developing things?
  • Can they describe their team’s take on software quality? How do they make sure everything works well?

Listen & Learn

  • Can they talk about the current performance of their product at any given time?
  • Can they describe experiments and quick testing methods to improve and refine their product in short cycles?

Wer sich allen Fragen stellt tut sich meist leicht eine Punktzahl zwischen 1 und 7 zu geben.

Wenn es darum geht sich selbst bzw. die PMs einzeln zu bewerten finde ich folgende Skaleneinteilung am hilfreichsten: 1 = davon hab ich schon mal irgendwo gehört aber mehr auch nicht über 4 = da habe ich solides Wissen und kann das im Tagesgeschäft auch ganz gut anwenden bis hin zu 7 = das kann ich so gut, dass kann ich sogar nachts um 3 Jemandem vermitteln, der sich damit noch nie befasst hat. Oder wie manche meiner Kunden sagen: 2 = Kennen, 4 = Können, 6 = Beherrschen, 7 = Vermitteln.

Für PMs: Wie man das PMwheel als Werkzeug zur Selbstbewertung verwendet

Ok. Los geht´s. Um sich selbst zu bewerten lade das PMwheel herunter und geh für dich die Detailfragen durch. Wie viele davon kannst du mit einem „ja, das kann ich und das mach ich auch.“ beantworten? Nutze den Notizbereich im PDF um dir deine ersten Gedanken zu jeder Frage zu notieren. Bist du alle Fragen durchgegangen, legst du dich auf ein Rating fest.

Idealerweise geht es dann so weiter:

  • Bitte deinen fachlichen Vorgesetzten um seine*ihre Einschätzung. Wichtig: schick ihnen nicht einfach das PMwheel. Führ sie einmal durch, erkläre warum dir das Feedback so wichtig ist und gib ihnen dann einige Tage zum Ausfüllen.
  • Bitte 1-3 Kollegen, das Gleiche zu tun. Ab besten fragt man hier Menschen mit denen man eng zusammenarbeitet. Zum Beispiel den Agile Coach, Designer, Entwickler oder Datenanalysten in eurem Team oder den Produkt Marketing Manager mit dem zu eng zusammen arbeitest.

Daraus ergibt sich dann ein ziemlich umfangreiches Bild. Zeichne die Ergebnisse einfach alle in die Spinnennetzgrafik ein und verschaff dir einen Überblick. Ergibt sich ein recht einheitliches Bild? Gibt es Ausreißer nach oben oder unten?

Selbsteinschätzung und Fremdeinschätzung in der Übersicht

Im obigen Beispiel haben andere als auch der*die PM – also du dich, was die persönliche Weiterentwicklung angeht, mit einer 3 bewertet. Hier ist also ggf. Handlungsbedarf und du könntest mehr Zeit und Energie in das Lernen neuer Dinge investieren.

Außerdem gab´s weniger gute Noten im Bereich „understand the problem“. Auch hier solltest du in die Ursachenforschung einsteigen: welche der Detailfragen konntest du nicht mit einem beherzten Ja beantworten und wo lohnt es sich in der aktuellen Situation mehr Zeit zu investieren?

Damit es dann aber auch wirklich zu einer Weiterentwicklung kommt ist es wichtig sich einen konkreten Entwicklungsplan zu schreiben. Quasi einen kleinen Vertrag mit dir selbst. Etwas das klare nächste Schritte benennt und dir auf der Reise hin zum*r kompetenten Produktmanger*in auch hilft.

Ich verwende dafür ein super simples Canvas. Es nennt sich Future Self und die Idee dazu stammt aus dem Buch FYI: For Your Improvement (Korn Ferry). Zum Download bitte hier entlang.

Das Future-Self-Canvas besteht aus fünf Teilen:

  1. Thema bzw. Überschrift: Hier steht was der*die PM verbessern möchte. (z.B. Time Management verbessern, mehr Discovery wagen, bessere Kundeninterviews führen)
  2. As-Is: Hier geht es um eine Standortbestimmung. Wo stehe ich aktuell, was sagen andere im Bezug auf das gewählte Thema.
  3. To-Be: Was wird sicher verändert haben, wenn der *die PM sich zum jeweiligen Thema verbessert hat. Woran werden andere die Veränderung festmachen? Was sind sichtbare Ergebnisse des Prozesses?
  4. Actions: Dies ist eine Liste von Aktionen, die dem*der PM helfen sollen, dem zukünftigen Selbst näher zu kommen. Kleine ToDos, die man auch wirklich abhaken kann.

Zeitrahmen: Es ist wichtig sich einen zeitlichen Rahmen zu geben. 3-4 Monate sind ein guter Zeithorizont für konkrete persönliche Entwicklung. Und es macht auch Sinn sich über mögliche Follow-Ups Gedanken zu machen: vielleicht erinnert dich ja ein Kalendereintrag einmal wöchentlich an deinen Vertrag mit dir selbst.

Im Folgenden ein, sehr vereinfachtes Beispiel, eines solchen Entwicklungsplans zum Thema Priorisierung in der Dimension “do some planning”.

Stark vereinfachtes Beispiel für ein ausgefülltes Future Self

Wie man das PMwheel als Product Leader einsetzen kann

Für alle, die Produktmanager führen dürfen, ist das PMwheel eine gute Möglichkeit die einzelnen PMs einzuschätzen und mit ihnen auf strukturierte Art und Weise über ihre Fähigkeiten zu sprechen. Haltet euch dabei aber bitte immer vor Augen, dass es weniger um die 8 absoluten Werte dieser Einschätzung ankommt sondern mehr um den Prozess, die Gespräche, die Erkenntnisse und den Austausch. Sprich, es kommt auf die Details an. Nur weil dann jede*r PM auf den acht Dimensionen eingeschätzt wird heißt das nicht, dass man die Profile untereinander automatisch vergleichen kann. Und es ist gut und wünschenswert Produktmanager mit ganz unterschiedlichen Stärken im Team zu haben. Uniformität ist hier also kein Ziel.

Für alle Product Leads, Head of Products, Product Teamleads, … die das Wheel mit ihren Produktmanager nutzen wollen schlage ich folgende Vorgehensweise vor:

  1. Die erste Runde – die macht der Product Lead alleine.
  2. Das Treffen zum gemeinsamen Ausfüllen des PMwheels, auch Collaborative Assessment gemannt.

Die erste Runde

Block dir 60 Minuten in deinem Kalender je Produktmanager. (Beim aller, aller ersten Mal rate ich zu 90 Minuten. Sobald man das Wheel dann aber ganz gut kennt reichen 60, später vielleicht sogar 30 Minuten) Lade dir das PMwheel herunter und gehe dann Seite für Seite die Detailfragen durch. Stell dir am Ende jeder Seite die Frage: „welches Rating würde ich diesem*r PM jetzt dafür geben?“.

Wie oben beschrieben nutze ich Werte von 1-7 wobei 1 für 1 „Joah, darüber weiss ich eigentlich fast gar nix“ bis 7 „da bin ich sowas von sattelfest, das könnte ich sogar nachts um 3 Uhr jemandem beibringen“. Eine 4 bedeutet für mich „da habe ich solides Wissen und kann das im Tagesgeschäft auch ganz gut anwenden“.

Mit den einzelnen Ratings erstellt man dann das Spinnennetzdiagramm. Folgend ein Beispieldiagramm:

Das PMwheel nach der ersten Runde: Die Einschätzung des Product Leads

Exkurs: Einsatz des PMwheels in der gesamten Produktorganisation

Ich werde immer wieder mal gefragt ob das PMwheel dazu taugt alle Produktmanager eines Unternehmens miteinander zu vergleichen. Meine Antwort darauf: Wenn´s sein muss. Ich finde der Aufwand den man betreiben muss um die PMwheels halbwegs vergleichen zu können steht oft in keinem Verhältnis zum Erkenntnisgewinn.

Wenn es um 5 PMs geht, die gemeinsam mit der gleichen Person (also der gleichen Führungskraft oder dem gleichen Kollegen) das Wheel ausfüllen, dann ist die Vergleichbarkeit dann gegeben, wenn nach dem Ausfüllen nochmal genau hinterfragt wird ob all diejenigen, die in einer Dimension (z.B. understand the problem) den gleichen Wert haben (z.B. eine 5) auch ähnlich stark sind.

Sobald aber mehrere Personen, sagen wir zum Beispiel 5 Produktführungskräfte machen das PMwheel mit 28 Produktmanager*innen, beteiligt sind ist eine Vergleichbarkeit nur mit sehr viel Abstimmungsaufwand herzustellen.

Das Collaborative Assessment Meeting

So, nun ist die erste Runde gelaufen. Du hast dir eine Meinung gebildet und es ist an der Zeit den/die jeweiligen Produktmanager*in zu einer gemeinsamen Session einzuladen. Auch hierfür müsst ihr erst mal mit 90Minuten rechnen.

In der Einladung solltet ihr erklären warum ihr dieses neue Vorgehen wählt („mehr Struktur, besser Diskussionsgrundlage“) und wie der gesamte Prozess ablaufen wird („deine Einschätzung, meine Einschätzung, ggf. weitere Stimmen, dann Entwicklungsplan“). Danach hat es sich bewährt in einem persönlichen Gespräch kurz einmal das PMwheel und seine 8 Dimensionen vorzustellen, einige Beispielfragen durchzugehen und die Skala zu erklären um den/die PM dann zu bitten das Wheel einmal in Vorbereitung auf die gemeinsame Session selbst auszufüllen.

Sind diese Vorarbeiten gemacht trefft ihr euch zu gemeinsamen Austausch. Da passiert dann folgendes:

  1. Lasst den/die PM seine/ihre Ergebnisse vorstellen und erklären, warum sie sich so einschätzt. Hört gut zu – es geht nicht darum jetzt schon eure Erwiderung vorzubereiten. Es geht ums Aufnehmen und Hinhören.
  2. Dann stellst du deine Einschätzung vor und ihr malt beide Linien in das PMwheel hinein. Heb auf jeden Fall auch die vielen positiven Dinge hervor und lege den Fokus eher darauf, ein oder zwei Entwicklungsfelder zu finden, als darauf, jede einzelne Frage im Detail auseinander zu nehmen. Ihr müsst euch nicht auf eine gemeinsame Linie einigen. Wohl aber müsst ihr euch auf 1-2 Entwicklungsfelder festlegen. (Wer sich schwer tut mit dem geben von Feedback dem sei an der Stelle nochmal das Buch Radical Candor ans Herz gelegt.)
  3. Ermutigt Feedback zu eurer Einschätzung (ja, ich weiß… man selbst denkt immer man hat den besten Peil. Aber so ist es einfach nicht 😊) und haltet aus, wenn eure PMs anderer Meinung sind. Wie gesagt: es bedarf keines Konsens bei den Bewertungen.
  4. Haltet die identifizierten Entwicklungsfelder fest. Hier solltet ihr euch, vor allem wenn ihr zum ersten mal so strukturiert an persönliche Entwicklungsthemen rangeht, auf Sachen einigen die der/die PM auch wirklich aus eigener Kraft und mit sinnvollem Zeiteinsatz ändern kann.
  5. Zum Ende des Session bittet ihr Sie in den nächsten Tagen ihren eigenen Entwicklungsplan zu einem der Entwicklungsfelder zu schreiben. Ich verwende dazu gerne das Future-Self Canvas das ich ja schon weiter oben im Artikel eingeführt habe. Sollten eure PMs das noch nicht kennen müsstet ihr natürlich auch das einmal erklären. Eine Vorlage dazu gibt´s hier. Und natürlich solltet ich auch darüber dann nochmal gemeinsam sprechen ehe es an die Umsetzung geht.

So könnte, stark vereinfacht, ein PM Entwicklungsplan aussehen

Nachhalten, nachhalten, nachhalten!

Wenn alle oben genannten Schritte abgeschlossen sind, gilt es ein Datum für das erste Follow-up festzulegen um dann die Action Items gemeinsam durchzugehen. Ich frage hier immer ganz direkt die PMs wie oft sie gerne mit mir gemeinsam auf ihren Entwicklungsplan schauen möchten. Manche wünschen sich eine kleine, wöchentliche Erinnerung anderen reicht es, wenn ich sie im regulären 1:1 darauf anspreche. Wichtig ist nur dass es passiert. Den nur so stellt ihr sicher, dass auch wirklich was passiert und die persönliche Weiterentwicklung nicht (wieder mal) unter den Tisch fällt.

So, und jetzt los: mach das PMwheel zu eurem Tool!

Ihr seht: Das PMwheel ist ein wirklich nützliches Werkzeug für Product Leads, Produktmanager und all diejenigen die mit Produktmanagern arbeiten.

Egal ob es darum geht sich über die PM Rolle nochmal klarer zu werden, einen Entwicklungsplan zu erstellen, neue Kollegen einzuarbeiten oder sich gegenseitig einfach nur strukturiert Feedback geben zu können. Überall kann das PMwheel ein guter Ausgangspunkt sein.

Im Laufe der letzten vier Jahre habe ich das PMwheel in meinem Coaching in einer Vielzahl von Unternehmen, einschließlich Start-ups, Scale-ups und großen Konzernen eingesetzt, und es hat sich in all diesen Anwendungsgebieten bewährt. Trotzdem möchte ich euch ermutigen es anzupassen, zu verändern und zu verbessern. Denn niemand weiß besser als ihr, was in eurem Umfeld jetzt gerade am meisten von einer/m Produktmanager*in erwartet und gebraucht wird.

Und ich gerne weiterhin lernen und das Basis-Wheel ggf. verbessern möchte, bin ich natürlich an eurem Feedback interessiert. Lasst mir einen Kommentar da oder schreibt mit eine Mail. Ich bin gespannt was ihr aus dem PMwheel macht, welche kreativen Einsatzgebiete ihr findet oder auch wie ihr das Wheel für euer Unternehmen anpasst.

Über Petra Wille

Petra Wille ist freiberufliche Product Leadership Coachin. Seit 2013 hilft sie Produktteams dabei, ihre Produktmanagement Expertise auszubauen und damit letztendlich bessere Produkte zu bauen. In den vergangenen zwei Jahren konzentrierte sich ihre Arbeit darauf, Produkt-Führungskräften zu helfen, starke Produktteams aufzubauen. Um noch mehr Product Leadern dabei zu helfen, gute Coaches für ihre Mitarbeiter zu werden, hat sie 2016 das Coaching-Kartenset #52questions entwickelt und 2020 das Buch "STRONG product people" geschrieben. Neben ihrer freiberuflichen Tätigkeit schreibt Petra Wille für produktbezogen.de und ist Mitorganisatorin und Kuratorin der Mind the Product Engage Hamburg.

5 Kommentare

  1. Mathias

    Danke für den interessanten Ansatz und das Tool. Werde ich im neuen Jahr gleich mal ausprobieren (erster guter Vorsatz, hehe).

    In kleiner Logikfehler ist mir aufgefallen:

    > Eins bis sieben auch einfach, weil es dann keinen Mittelwert gibt.

    Bei einer Reihe von 1-7 ist 4 genau die Mitte:

    1 2 3 [4] 5 6 7

    Nur bei Reihen mit gerader Anzahl an Werten gibt es keine eindeutige Mitte, z.B.

    1 2 [3] [4] 5 6


  2. Petra Wille Artikelautor

    Hi Mathias, ja, da hast du natürlich sowas von Recht! Lustigerweise empfinden die meisten Menschen (zumindest in meinem Sample) es so, dass zwischen 1 und 7 3,5 liegt. Und dann sage ich immer: das dürfen Sie nicht wählen, sondern sie müssen sich auf 3 oder 4 festlegen. Vor allem wenn ich die Skala beschreibe kommt es zu dem Eindruck. Wenn sie sie im PMwheel gedruckt sehen ist das natürlich meist anders. Also wähl gerne eine andere Skala, wenn das einen besseren Effekt erzielt. LG


  3. Norman

    Danke für den Beitrag. Das kommt gleich in die Werkzeugkiste für 2021 und werde es direkt integrieren. :-)



  4. Petra Wille Artikelautor

    Hi Norman, Hi Peter, freut mich sehr, dass der Beitrag und das PMwheel Gefallen finden! Freue mich immer zu hören, was ihr in der Praxis draus macht. Schreibt also gerne mal drei Sätze dazu, wenn ihr Lust habt.


Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Mit Absenden des Kommentars stimmst Du der Speicherung deiner persönlichen Daten (Name, eMail-Adresse, Webseite und Nachricht) durch uns bis auf Widerruf zu. Zur Vermeidung von Spam und zur rechtlichen Absicherung wird deine IP für 2 Monate gespeichert. Ebenfalls zur Vermeidung von Spam werden diese Daten einmalig an Server der Firma Automattic inc. geschickt. Zur Darstellung eines Nutzerbildes wird die eMail-Adresse im pseudonymisierter Form an Automattic inc. übermittelt. Wenn du einen oder beide Haken für die eMail-Benachrichtigungen setzt, wird deine eMail-Adresse bei Automattic inc. gespeichert. (Datenschutzerklärung)

Du hast noch viel mehr zu erzählen?

Dann schreib doch einen eigenen Artikel auf produktbezogen.

Artikel vorschlagen →