Was bedeutet es eigentlich in etwas gut zu sein? Eine gute Produktmanagerin oder ein guter Designer zu sein? Was zeichnet sie aus, die guten Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen?
Diese Frage ist schwer zu beantworten. Aber ich finde es essenziell, dass Führungskräfte sich dieser Frage stellen und eine detaillierte Antwort darauf finden. So essenziell, dass ich sogar ein Buch darüber geschrieben habe ;-)
Für alle, die eine Führungsrolle haben und Entwicklungsgespräche führen, habe ich heute etwas mitgebracht was es euch leichter machen dürfte mit euren Mitarbeiter*innen über deren Fähigkeiten und Kompetenzen zu sprechen.
Doch bevor es los geht und wir über die Kompetenzlevel sprechen, erlaubt mir einen kurzen Exkurs.
Defining your ‚Good‘ – Was kompetente Mitarbeiter*innen ausmacht
Bevor ihr mit euren Mitarbeiter*innen über ihre Kompetenzen sprechen könnt, macht es Sinn, für euch einmal zu reflektieren, was einen kompetenten Designer, eine kompetente Produktmanagerin überhaupt ausmacht. Welche persönlichen Eigenschaften sollten sie mitbringen, welche Fähigkeiten und Kenntnisse? Wer da nicht mit einem weißen Blatt Papier starten möchte, dem sei für die Produktmanager*innen mein Artikel über das PMwheel ans Herz gelegt. Für Produkt Designer finde ich die folgenden beiden Ressourcen hilfreich: Assessing your craft skills as a product designer und Beyond craft — essential collaboration skills for product designers.
Alternativ kann man auch interne Rollenbeschreibungen oder die relevanten Jobpostings des Unternehmens durchforsten und daraus ein Kompetenz-Best-Off erstellen.
Am Ende geht es darum, die eigenen Fähigkeiten realistisch einschätzen zu können
Viele Skill-Assessments die ich in Unternehmen sehe, zwingen Mitarbeitende sich und Führungskräfte sie in recht abstrakte Leistungsniveaus einzusortieren. Beliebt sind Skalen wie:
- Einsteiger, Aufsteiger, Könner
- Foundational, Proficient, Advanced oder
- Zahlenskalen
Vor allem bei Verwendung einer Zahlenskala besteht die Gefahr des gegenseitigen Vergleichens. „Mitarbeiter A ist eine 5, dann sollte ich mir da auch eine 5 geben.“ – eine wenig hilfreiche Dynamik, denn schließlich geht es uns ja eher darum jeden Mitarbeitenden mit seinen persönlichen Stärken und Schwächen optimal auf deren Lernreise zu unterstützen.
Und die anderen Skalen? Ja, die führen dazu, dass das Entwicklungsgespräch meist mehr zu einem „was meinst du jetzt genau mit ‚proficient‘?“-Gespräch verkommt. Also auch irgendwie suboptimal. Was also tun?
Die besseren Kompetenzlevel
Aus Erfahrung kann ich sagen, es ist viel einfacher die Kompetenzen anhand bereits erworbener Fähigkeiten und deren wirklichem Einsatz in der Praxis zu beschreiben. Hier mein Vorschlag, die 6 Level, die ich in den meisten Fällen verwende.
- Ich habe Grundkenntnisse über das Thema (z.B. habe ich Blogbeiträge gelesen, einen Vortrag gesehen, mit Kollegen geplaudert oder eine Schulung dazu besucht)
- Ich verstehe es und habe es einmal angewendet
- Ich habe es in verschiedenen Umgebungen angewandt (z.B. in verschiedenen Teams, für verschiedene Produkte, in verschiedenen Unternehmen).
- Ich bin für diese Fähigkeit bekannt (Andere wenden sich diesbezüglich an mich, ich kann anderen Feedback geben).
- Ich kann anderen helfen, diesen Muskel ebenfalls aufzubauen und ihnen beibringen, wie man ihn anwendet.
- Ich bin in der Lage, neue Frameworks zu erstellen und bin als Vordenker auf diesem Gebiet bekannt.
Meist gelingt es den Mitarbeitenden sich ohne Probleme auf einer der Stufen einzuordnen. Machen wir uns das mal an einem Beispiel deutlich:
Beispielfähigkeit: Nutzerinterviews durchführen
Kommen wir nun zu einem konkreteren Beispiel und nehmen an, die Führungskraft findet, dass Nutzerinterviews eine wichtige Fähigkeit ist, die Produktmanager*innen auf jeden Fall haben sollten. Dann würden wir in einem 1:1 oder Entwicklungsgespräch die Stufen wie folgt verwenden:
- Der/die PM hat einiges über Nutzerinterviews gelesen/gesehen/gehört weiß, dass es sie gibt und was theoretisch ein gutes Interview ausmacht.
- Der/die PM hat einmal Nutzerinterviews vorbereitet und durchgeführt und mit den Erkenntnissen gearbeitet.
- Der/die PM hat mehrere Runden von Nutzerinterviews für zwei verschiedene Produkte und drei verschiedene Benutzergruppen durchgeführt.
- Diese*r PM ist die Person, die jeder im Unternehmen fragt, wenn es darum geht Nutzerinterviews durchzuführen. Die Person kann anderen Feedback zu ihren Interviews geben und ist in der Lage, eigene Best Practices weiterzugeben.
- Diese*r PM ist die Ansprechperson, wenn neue Kolleg*innen eingearbeitet werden müssen. Diese*r PM kann anderen didaktisch gut vermitteln, worauf es beim Aufsetzen, Durchführen und Auswerten von Nutzerinterviews ankommt.
- Diese*r PM hat sogar ein eigenes Framework entwickelt, um die Insights aus den Interviews effizient auszuwerten und jetzt verwendet das ganze Unternehmen dieses Framework. Sogar auf Konferenzen wurde dieses Framework bereits vorgestellt.
Wie ihr seht: super einfach anzuwenden und sicher hilfreich in einer eurer nächsten Entwicklungsgespräche. Probiert es einfach mal aus. Würde mich sehr freuen, wenn ihr eure Erfahrungen hier in den Kommentaren teilt. Oder vielleicht habt ihr in eurer Firma ja sogar ein noch besseres Modell?