“Was ist dein Lieblingsprodukt?”, fragte er. Und sofort war mir klar, dass das eine typische Frage sein muss, zu der man eine passende Antwort parat haben sollte. Ich hatte mich jedoch nicht darauf vorbereitet. Also schaute ich schnell auf mein Smartphone, überflog einmal die App-Icons auf dem Homescreen, und entschied mich spontan für die To-Do App, die ich benutze. Wie sich herausstellte, war das nicht die optimale Wahl.
Diese Situation war eine von mehreren, aus denen ich etwas über Bewerbungsgespräche und den Einstellungsprozess gelernt habe. Manches davon ist allgemein gültig, einiges gilt speziell im Bereich Produktmanagement.
In diesem Beitrag erkläre ich, was eine bessere Antwort auf die Frage nach meinem Lieblingsprodukt gewesen wäre – und gebe ein paar weitere Einblicke in meine persönlichen Erfahrungen in den letzten Wochen. Damit möchte ich selbst reflektieren, aber auch anderen Jobsuchenden Produktmanagern hilfreichen Input geben.
Die typischen Fragen an Produktmanager
Als ich die Frage nach meinem Lieblingsprodukt beantwortete, war ich nicht auf die nachfolgenden Rückfragen vorbereitet. Jetzt kenne ich sie und kann eine bessere Antwort geben. Du solltest nicht ein Produkt nennen, was so simpel und gut gemacht ist, dass dir nichts einfällt, was dich daran stört. Man wird dich fragen “was würdest du an diesem Produkt ändern, was nervt dich daran?”. Also überlege dir vor dem Gespräch, welches Produkt du zwar liebst, was dich aber in manchen Punkten frustriert. Du solltest es möglichst häufig nutzen, um seine Schwachstellen zu kennen. In Zukunft würde ich wahrscheinlich Spotify oder Strava nennen. Du solltest auch in der Lage sein, Fragen zur Zielgruppe des Produkts zu beantworten, und eine spontane SWOT-Analyse machen können, bei der du die “strengths, weaknesses, opportunities and threats” beschreibst.
Ansonsten werden häufig Fragen zu Themen wie Priorisierung von Feature Entwicklung, Aufwandsschätzungen und Stakeholder Management gestellt. Oder man möchte von dir wissen, wie du den Erfolg des Produktes messen würdest. Einmal wurde ich gefragt, welches digitale Tool ich entwickeln würde, wenn ich eine Million Euro zur Verfügung hätte.
Wie du zum Gespräch eingeladen wirst
Erst einmal kannst du prüfen, ob du jemanden kennst, der bei diesem Unternehmen arbeitet – das geht am Besten über LinkedIn oder XING. Schreib einfach eine kurze Nachricht und frag, ob es möglich wäre, deine Bewerbung an die Personalabteilung weiterzuleiten. Dadurch ist es weniger wahrscheinlich, dass man deine Unterlagen gleich im ersten Schritt aussortiert. Meistens verfasse ich trotzdem ein Motivationsschreiben, da es mir die Möglichkeit gibt zu zeigen, warum ich geeignet bin und ein bisschen mehr von meiner Persönlichkeit drin steckt als im tabellarischen Lebenslauf.
Wenn du niemanden im Unternehmen kennst, versuche möglichst viel Herzblut in deine Bewerbungsunterlagen zu stecken. Schreibe dir die wichtigsten Anforderungen aus der Stellenanzeige heraus und gehe in deinem Anschreiben darauf ein, wie du in dieser Rolle dem Unternehmen weiterhelfen kannst. Und erkläre, warum du ausgerechnet bei diesem Unternehmen arbeiten möchtest.
Ich liste auch ein paar der Apps und Projekte auf, an denen ich in der Vergangenheit mitgewirkt habe. Außerdem erwähne ich immer auch meinen persönlichen Bezug zum Thema oder der Branche, eventuell auch mit einer kleinen Anekdote – wobei das Anschreiben nie länger als eine dreiviertel Seite sein sollte.
Personaler wollen wissen, warum du ausgerechnet bei diesem Unternehmen arbeiten möchtest.
Wenn es sich anbietet überlege ich mir noch etwas Besonderes, zum Beispiel eine kreative Nutzung der App des Unternehmens, und binde das in meine Bewerbung ein. Zum Beispiel kann man bei Apps, die User Generated Content ermöglichen, diese Funktion nutzen, um etwas über sich selbst zu erzählen. So hat es für mich schon häufig funktioniert, zumindest mit der Einladung zum persönlichen Gespräch. Ich wurde allerdings auch schon mehrmals gleich in der ersten Runde aussortiert, obwohl die Stelle gut passte, obwohl mein Motivationsschreiben genau auf das Unternehmen zugeschnitten, die Werte des Unternehmens aufgegriffen und meine zur Stelle passenden Erfahrungen hervorgehoben waren. Und das bringt mich dann schon zum nächsten Punkt…
Glaube an dich und deine Fähigkeiten
Nach ein paar Absagen kommen leicht die ersten Zweifel auf. Es ist aber besser, sich nach einer Absage nicht zu lange zu ärgern. Nach der ersten Enttäuschung kannst du noch einmal zurückblicken und dir überlegen, was du hättest besser machen können. Und falls du Feedback bekommen hast, nutze es. Vielleicht kannst du in Zukunft etwas anders machen. Macht es Sinn, dein Wissen in einem bestimmten Bereich zu vertiefen? Da gibt es bestimmt Bücher oder Online-Kurse, die dich interessieren und mittelfristig weiterbringen. Darüber hinaus bringt endloses Analysieren jedoch nichts – schau lieber in die Zukunft. Fokussiere dich auf’s Lernen, schau dir neue Jobmöglichkeiten an, und bleibe zuversichtlich. Wenn es nicht geklappt hat, sollte es eben nicht klappen.
Your value doesn’t decrease based on someone’s inability to see your worth.
Kritik am Produkt ist erlaubt
Es mag sich seltsam anfühlen, das Produkt des Unternehmens zu kritisieren – oft ist man unsicher, wie die Gesprächspartner damit umgehen werden. Tatsächlich aber schätzen die meisten dein Feedback. Und für dich ist es die beste Gelegenheit, deine analytischen Fähigkeiten und dein Wissen in der Produktentwicklung zu zeigen. Du solltest das Produkt also – falls du es noch nicht nutzt – möglichst frühzeitig unter die Lupe nehmen und z.B. die App installieren, um in Ruhe alle Features zu testen. Notiere dir, was nicht optimal gelöst ist und was dir besonders gut gefällt, achte auch auf System-Features wie Notifications, Deep Links und andere Details.
Falls du ein konkretes Problem mit der App hattest, kannst du es schildern und einen Ansatz zur Verbesserung vorstellen. Wenn ich in einem Bereich Potenzial sehe, erwähne ich meist, dass ich eine These zur Optimierung eines Features habe, die z.B. zu höherer Customer Retention führt, und welche Maßnahmen ich als Product Manager dieser App treffen würde, um die These zu überprüfen.
Überrasche deine Ansprechpartner mit einem guten Vorschlag und einer sinnvollen Begründung sowie deinem Wissen zu den neuesten System-Features.
Als letztes solltest du einen Blick in die Rezensionen im App Store werfen, um aktuelle Herausforderungen und Probleme zu erkennen. So kannst du dir vorab überlegen, welche Maßnahmen du diesbezüglich ergreifen würdest.
Erzähle von deiner Jobsuche
Jedes Mal wenn ich auf Social Media oder in meinem Blog erwähne, dass ich aktuell offen für eine neue Herausforderung als Product Manager/Owner bin, gibt es eine Hand voll Leute aus meinem Netzwerk, die das für mich weiterverbreiten. Und jedes Mal kommt mindestens eine Person direkt auf mich zu, weil sie von einer offenen Stelle weiß, die zu mir passen könnte. Denke daran: nicht nur du bist auf der Suche nach etwas, auch Unternehmen suchen gute Leute. Der ganze Prozess ist keine Einbahnstraße.
Das geht natürlich nur, wenn dein aktueller Arbeitgeber schon Bescheid weiß oder wenn du aus anderen Gründen gerade offen sein kannst. Wann immer es möglich ist, halte ich Transparenz und klare Kommunikation für sehr hilfreich.
Du hast ein Angebot bekommen? So triffst du die richtige Entscheidung
Die vielleicht beste Methode, wichtige Entscheidungen wie diese zu treffen, ist simpel: denk ganz in Ruhe über alle Vor- und Nachteile nach, notiere sie in Listen, sprich mit Freunden darüber. Aber anstatt die Entscheidung durch Zählen der Pro und Contra Listen zu fällen, schlaf erst einmal eine Nacht darüber, und triff in den folgenden Tagen eine Bauchentscheidung. Wahrscheinlich wird dir in dieser Zeit klar, ob das der richtige Job für dich ist. Es muss sich richtig anfühlen. Anders gesagt: du musst Bock darauf haben!
Ich schlage nicht vor, leichtfertig ein gutes Jobangebot auszuschlagen, aber wenn es sich nicht gut anfühlt, sollte man lieber nichts überstürzen. Ansonsten bist du schon bald wieder auf der Suche.
Mit der Zeit mag sich deine Situation verändern, aber zumindest in den ersten Wochen ist durchaus Optimismus angebracht. Außerdem möchtest du ja nicht irgendeinen Job, sondern den richtigen. Deine neue spannende Herausforderung als Product Manager.
Dieser Artikel ist ursprünglich in englischer Sprache auf medium.com erschienen: Finding a new product management job — what I learned so far
Wir gratulieren Anna-Lena übrigens zum erfolgreichen Abschluss ihrer Jobsuche!