Die meisten Produktmanager sind als Quereinsteiger in diesen Beruf gekommen, denn eine wirkliche Ausbildung oder einen Studiengang „Produktmanagement“ gibt es nicht. Viele Produktmanager fangen ihre berufliche Laufbahn daher eher im Marketing, in der Entwicklung, im Projektmanagement oder mit einem betriebswirtschaftlichen Hintergrund an. Ich selber bin Diplom Informatiker, hatte mich aber auf Usability und User Experience fokussiert und bin darüber ins Produktmanagement gekommen.
Da es keine Ausbildung für Produktmanager gibt, ist es umso wichtiger, dass man seine Kenntnisse und Fähigkeiten neben dem Training „on the job“ auch durch die richtigen Fortbildungen und Trainings erweitert. Das „Product Management Journal“ des Weiterbildungsanbieters Product Focus, welches mich vor ein paar Tagen per Post erreicht hat, greift das Thema „Training für Produktmanager“ im Detail auf.
Weil ich das Thema für sehr wichtig halte und wir mit produktbezogen auch dazu beitragen möchten, Wissen, Trends und Techniken für Produktmanager und UX Designer weiter zu geben, möchte ich in diesem Beitrag eine kurze Zusammenfassung des Product Management Journals geben. Zusätzlich habe ich Anbieter von entsprechenden Trainings recherchiert. Ich hoffe, dass euch die Informationen dabei helfen, das richtige Training für euren Job zu finden.
Kenntnisse und Fähigkeiten eines Produktmanagers
Bevor man sich damit beschäftigt, welche Trainings-Anbieter man anfragen sollte, lohnt es sich darüber nachzudenken, welches Wissen und welche Fähigkeiten ein Produktmanager haben sollte. Hierfür schlägt Product Focus die folgende Matrix vor, in der die Fähigkeiten in die vier Bereiche Markt und Technologie, Organisation, Produktmanagement und Persönliche Fähigkeiten aufgeteilt werden.
So gehören zu den wichtigsten Skills, die ein Produktmanager haben sollte u.a.
- Wissen über die Kunden: Als Produktmanager sollte man die verschiedenen Zielgruppen (Kunden / Benutzer) und deren Bedürfnisse kennen
- Wissen über die Branche und Wettbewerber: Der Produktmanager sollte sich in der Domäne des Produktes auskennen, die relevanten Wettbewerber beobachten und Branchentrends verfolgen
- Wissen über die Technologie: Man muss kein Entwickler sein oder ein Informatik-Studium hinter sich haben, denn dafür gibt es ja die Entwickler-Kollegen; allerdings sollte man die zugrunde liegende Technolgie kennen und ein grundsätzliches Interesse an Technologien mit bringen
- Business-Knowhow: Auch ein BWL-Studium ist keine Voraussetzung, um guter Produktmanager zu werden, aber man sollte ein Gespür für Zahlen haben und sich gerne auch durch die Daten wühlen. Wichtig ist, dass man die Geschäftszahlen und Dynamiken dahinter versteht.
- Produktentwicklung: Man sollte ein sehr gutes Verständnis des Produktentwicklungsprozesses haben und die verschiedenen Rollen darin kennen.
- Product Discovery: Der Produktmanager sollte wissen, wie er von Anforderungen und neuen Ideen hin zu tragfähigen Produkten kommt, die sowohl dem Nutzer als auch dem Business einen Mehrwert bringen.
- Team- und Kommunikationsfähigkeit: Als Produktmanager ist man Ansprechpartner für die verschiedensten Menschen. Kollegen aus der Entwicklung, dem Marketing, der Geschäftsführung, aber auch Kunden und Nutzer. Daher muss man offen sein für Anregungen, aber auch bestimmt genug auftreten damit man nicht in der Flut an Ideen untergeht.
- Präsentations- und Evangelisierungs-Fähigkeiten: Der Produktmanager muss andere für die Produktvision begeistern können und sie mit in das Boot holen. Dazu muss er seine Ideen gut präsentieren und die Produktidee in der Organisation und darüber hinaus evangelisieren können.
Weitere gute Anregungen dazu, welche Skills ein Produktmanager mitbringen sollte, könnt ihr übrigens auch dem Artikel „Developing Strong Product Owners“ von Marty Cagan entnehmen.
Analyse der Wissens-Lücken und Trainings-Anforderungen
Ist man sich klar darüber geworden, welche Fähigkeiten vorhanden sein sollen, sollte man prüfen, welche Lücken bei den Fähigkeiten bestehen und worauf das Training daher fokussiert sein sollte. Die Trainer von Product Focus verwenden zur Analyse der Lücken und zur Bestimmung der Anforderungen das sog. „Product Activity Framework“.
Hierin werden alle Aktivitäten, die in einem Unternehmen rund um ein Produkt erfolgen, in drei Bereiche unterteilt:
- Strategische Aktivitäten, bei denen es darum geht herauszufinden, was das richtige Produkt ist
- nach innen gerichtete Aktivitäten, bei denen es darum geht, das Produkt richtig zu entwickeln
- nach außen gerichtete Aktivitäten, bei denen es um die Vermarktung und den Vertrieb des Produkts geht
Für die jeweiligen Bereiche wird anschließend analysiert und bewertet, welche im Unternehmen oder vom Produktmanager gut ausgefüllt werden, und bei welchen optimiert werden kann. Letztere geben dann Aufschluss darüber, worauf ein Training fokussiert sein sollte.
Ein anderes Tool von Product Fokus, mit dessen Hilfe der Reifegrad des Produktmanagements in einem Unternehmen untersucht und bewertet und somit Lücken aufgedeckt werden können, ist das „Product Management Maturity Model“.
Auswahl der Trainingsmethode und eines Trainings-Anbieters
Sind die Lücken im Unternehmen oder beim einzelnen Produktmanager identifiziert, stellt sich die Frage, über welche Trainingsmethoden diese geschlossen werden sollen. Hierzu gibt es prinzipiell folgende Möglichkeiten, die sich natürlich hinsichtlich Lernerfolg und auch Kosten stark unterscheiden:
- Selbst-Studium, z.B. durch die Lektüre von Blogs und Büchern
- Online-Trainings
- Öffentliche Trainings
- Persönliche bzw. unternehmensinterne Trainings
Entscheidet man sich für ein öffentliches oder gar unternehmensinternes Training, so sollte man sich potentielle Anbieter gut anschauen und prüfen, ob diese den Anforderungen entsprechen. Product Focus hat hierzu im Product Management Journal eine Checkliste veröffentlicht, die ich hier nur auszugsweise wiedergeben möchte:
- Umfassen die Inhalte alles, was benötigt wird?
- Wird eine Zertifizierung angeboten?
- Wie erfahren ist der Trainer und wie häufig wurde das Training schon gehalten?
- Wie viele Teilnehmer machen mit?
- Was geschieht nach dem Training? Steht der Trainer für weitere Fragen zur Verfügung?
Anbieter von Trainings für Produktmanager
Im Folgenden möchte ich einige Anbieter von Produktmanagement-Trainings aufführen. Die Liste ist mit Sicherheit nicht vollständig, daher schickt mir gerne eine Nachricht oder führt gute Trainings-Anbieter in den Kommentaren unten auf:
- Boris Gloger bietet verschiedenste Trainings rund um Scrum und agile Entwicklung an, darunter auch spezielle Trainings für Produktmanager wie „Product Owner Advanced“ oder „Produktfindung mit Design Thinking“.
- it-agile aus Hamburg haben ebenfalls diverse Schulungen zu agiler Entwicklung und spezielle Fortbildungen wie den „Product Owner Zertifizierungskurs“ im Angebot.
- Oose, ebenfalls aus Hamburg und erste genossenschaftlich organisierte IT-Beratung, bieten alle möglichen Trainings rund um Software-Entwicklung und IT an. Interessant für Produktmanager sind die Schulungen aus dem Bereich „Projekte leiten“ und auch die Design Thinking-Trainings.
- productable aus Berlin bietet immer wieder Schulungen für Produktmanager an, u.a. im Januar einen Workshop zu Lean Startup / Customer Development
- Bei ueberproduct, ebenfalls aus Berlin, kann man sich zum CSPO (Certified Scrum Product Owner) ausbilden lassen. Darüber hinaus werden auch andere Schulungen für Produktmanager angeboten.
- Die Haufe Akademie bietet in Kooperation mit der Hochschule der Wirtschaft für Management (HdWM) aus Mannheim eine Weiterbildung zum Produktmanager an.
- Beim Weiterbildungsanbieter ProduktManageMentor (dem ehemaligen deutschsprachigen Trainer-Team von Product Focus) finden sich die deutschsprachigen Journale von Product Focus, Produktmanagement-Trainings, und viele weitere Tools und Ressourcen
- Einer darf natürlich nicht fehlen: Marty Cagan von der Silicon Valley Product Group. Marty gibt öffentliche Workshops und private Trainings und auch seine Vorträge sind immer wieder inspirierend und lehrreich.
Das Beste aus einem Training rausholen
Ein Training ist natürlich immer nur so gut, wie das was man daraus macht. Schließlich will man sich nicht nur bespaßen lassen, sondern es geht um die Verbesserung der Arbeitsweise und die Steigerung der Produktqualität.
Daher ist es zum einen wichtig, dass Trainings gut vorbereitet werden (nicht nur durch den Trainer). Hierzu gehört, dass man beispielsweise die oben beschriebenen Methoden nutzt, um Wissenslücken zu identifizieren, die dann im Training gezielt geschlossen werden sollen. Darüber hinaus sollte man sich als Teilnehmer vor einem Training klar werden, was man selbst vom Training erwartet und wie man mit dem Gelernten umzugehen plant.
Auch während eines Trainings sollte man, um bestmögliche Resultate zu erzielen, immer wieder reflektieren, was die Kernpunkte sind und wie man die gelernten Dinge im Arbeitsalltag einsetzten könnte. Ebenfalls hilfreich ist es, sich zusätzlich zu den vorhandenen Trainingsunterlagen Notizen zu machen, damit man sich später besser daran erinnern kann, was die relevanten Punkte waren. Eine triviale Anregung… aber häufig macht man dies doch nicht.
Zu guter Letzt sollte ein Training auch entsprechend nachbereitet werden. Gerade der Enthusiasmus, der sich häufig während und kurz nach einem Training einstellt, sollte genutzt werden um einen Plan aufzustellen, was man an seiner Arbeit ändern will. Diesen Plan sollte man – ggf. mit seinem Vorgesetzten – regelmäßig überprüfen. Und vielleicht lässt sich ja sogar ein persönliches Coaching durch den Trainer oder den Trainings-Anbieter anschließend.
Welche Trainings habt ihr besucht?
Hattet ihr schon einmal die Gelegenheit, an einem Training für Produktmanager teilzunehmen? Wenn ja, bei welchem Anbieter habt ihr das Training gemacht? Wie waren eure Erfahrungen damit? Ich würde mich freuen, wenn ihr mich und die anderen Lesern teilhaben lasst an dem, was ihr gelernt habt!
Danke Rainer, lauter tolle Artikel in den letzten Tagen, danke, das macht mir den kommenden Einstieg erheblich leichter :)
Das freut mich, Robert! Alles Gute für den Einstieg!
Sind mittlerweile weitere Anbieter in den Scope gekommen?