“New Movements in Digital Design” war das Motto der design matters in Kopenhagen. In diesem Jahr kamen über 700 Besucher, um den Vorträgen von Spotify, Instagram und Netflix zu lauschen. Deshalb zogen die Veranstalter in die größeren Räumlichkeiten der wunderschönen Industrieanlage Docken um. Eine wirklich tolle Location, welche durch die zwei sonnigen Tage noch besser wurde: Mit Blick auf Schweden, leckerem Catering und einer entspannten Atmosphäre konnte man gut netzwerken.
An beiden Tagen gab es inspirierende Talks zu Trends und Best Practises aus den Bereichen User Experience, Visual Design und Product Design. Abseits der Vorträge konnte an Workshops teilgenommen oder schon einen Blick in die Zukunft geworfen werden: Visual Design in der Virtual Reality. Obwohl noch in den Kinderschuhen, war es sehr beeindruckend, im dreidimensionalen Raum all die Dinge zu tun, die man sonst nur aus Photoshop kennt!
Die über 20 Vorträge lassen sich grob in die drei Kategorien “Conversational UI”, “Product Design DNA” oder “Embrace Failure” unterteilen. Hier eine sehr grobe Zusammenfassung der, meiner Meinung nach, besten Talks:
Rahul Sen von Spotify
Rahul Sen, Design Manager bei Spotify, ging in seinem Eröffnungsvortrag “The End is the Beginning” darauf ein, warum es wichtig ist häufig zu versagen und wie man daraus lernt.
“Success is an elusive destination. Failures are the crucial signposts getting us there” – Rahul Sen
Anhand von historischen Beispielen zeigte Sen, warum Projekte gescheitert sind und was man daraus hätte lernen sollen. Er macht sich dabei für Designer stark, welche den Prozess des Versagens und Lernens in ihrer Arbeitswelt etablieren, um so noch bessere Produkte zu entwerfen.
Sam Horner von Netflix
Schon früh in seiner Karriere musste Sam Horner einen schmerzlichen Rückschlag einstecken: Als Kind nahm er an einem Wettbewerb einer Lokalzeitung teil. Dabei sollte ein Weihnachtsmann designed werden. Da Horner aber farbenblind ist, verwechselte er die Farben rot und braun. Seine Mutter wies ihn darauf hin, was den jungen Designer am Boden zerstörte. Jedoch lernte Horner schon damals eine wichtige Lektion:
“I failed but through failing I learned a valuable lesson” – Sam Horner
In der zweiten Iteration seines Weihnachtsmannes bat er nun seine Mutter um Hilfe, welche ihm bei der Auswahl der richtigen Farben half. Am Ende wurde Horner Dritter beim Wettbewerb.
Das Produktdesign bei Netflix, Horners Arbeitgeber, ist geprägt von Fehlschlägen. Aufgrund dieser Fehlschläge hat Netflix einen sehr starken Designprozess entwickelt, welcher sich in den drei Säulen
- Evaluating Process
- Hypothesis und
- Metric
manifestiert. Auf diesen Säulen beruhend entwickelt Netflix neue Produkte, welche immer durch einen A/B-Test abgerundet werden.
“Be proud of what you learn, not what you build” – Sam Horner
Diesen Prozess schildert Horner sehr amüsant an “Max”. “Max” war ein Empfehlungsmanager, welcher 2012 veröffentlicht wurde. Von Kinderkrankheiten gepeinigt, war “Max” vorherbestimmt zu versagen. “Max” war langsam, ungenau und lieferte schlechte Empfehlungen. Nichtsdestotrotz wollte Netflix nicht aufgeben, sondern herausfinden, wie weit “Max” optimiert werden könne. Das Lernen stand im Vordergrund. Die Erkenntnisse aus dem Scheitern von “Max” führten schließlich zum heutigen Interface auf Netflix. Horner schloss seinen Vortrag damit ab, dass das eigentliche Scheitern von “Max” sehr stark zum späteren, erfolgreichen Designprozess von Netflix beigetragen habe.
Hazel Jennings von Instagram
Hazel Jennings, verantwortlich für das Content Management des sozialen Netzwerks, beschreibt Instagrams Strategie anhand von Kurt Vonnegurts “8 Rules for Writing” und wie sich dieses Regelwerk in Instagrams Contentstrategie wiederfindet. Spannend war hier zu sehen, wie Instagram den Onboarding-Prozess durch Vonnegurts Regeln verbesserte und optimierte. Laut Jenning sind zwar nicht alle Regeln Vonnegurts immer anwendbar (siehe Regel Nummer 6), dennoch halfen diese Instagrams Content zu strukturieren.
“Be a sadist. No matter how sweet and innocent your leading characters, make awful things happen to them (…)” – Kurt Vonnegurt, 8 Rules of Writing, Rule No.6
Yesenia Perez von Vox Media
“Is your design flexible?” fragt Design Direktorin Yesenia Perez das Publikum der design matters und berichtet, wie es ihr gelang ein Designsystem zu etablieren, welches für Themengebiet wie Lebensmittel oder Sport, aber auch Gaming und Technologie funktioniert. Perez arbeitet für das amerikanische Medienunternehmen Vox Media, welches in Deutschland am ehesten durch die Webseite The Verge bekannt ist. Perez gelang es in ihrem Vortrag, den eigentlichen Prozess hinter dem selbst entworfenen Designprozess zu schildern. Sie beschrieb, welche Hindernisse zunächst genommen werden mussten und welche Lehren daraus gezogen wurden.
“A successful design system starts with CONTENT and PEOPLE” – Yesenia Perez
Innerhalb weniger Monate gelang es ihrem Team eine einheitliche Designsprache zu entwickeln, welche alle Themengebiete bedient und es ermöglicht, diese auf allen Endgeräten benutzerfreundlich darzustellen.
Molly Nix von Uber
Uber drängt momentan ebenfalls in den Markt der selbstfahrenden Autos (vor) und unternimmt momentan große Anstrengungen durch Forschung und Marketing dieses Modell zu etablieren. Eine Hürde ist allerdings das mangelnde Vertrauen der Nutzer in die junge Technik. Dieser Problematik widmet sich nun Molly Nix, welche zusammen mit ihrem Team ein Interface für selbstfahrende Autos entwickelt, was vor allem dafür entwickelt wurde, dem Nutzer Vertrauen in die Technik zu geben.
Interessant war hier zu sehen, wie weit Uber in diesem Bereich schon ist und welche Designschritte noch nötig sein werden, um das Vertrauen in diese junge Technik zu stärken. Nix schaffte es einen sehr inspirierenden Talk abzuliefern, welcher gespannt in die Zukunft blicken lässt.
SPACE10
Die Präsentation der drei Designer des future-living labs SPACE10 verdeutlichte das Thema Conversational UI. Das Innovationlab beschäftigt sich vor allem damit, wie wir zukünftig mit Computern interagieren werden – weg vom reinen Textinput hin zur Spracheingabe. Die Designer gaben Einblicke in Prototypen und erläuterten in einer späteren Diskussionsrunde ihre persönliche Meinung darüber, wie sich die Beziehung zwischen Mensch und Maschine entwickeln wird.
Fazit
Die Konferenz hat sich nicht nur für Designer sondern auch für Produktmanager gelohnt. Sicherlich lag der Fokus der Vorträge auf “Visual Design”, dennoch empfand ich gerade die Vorträge zum Thema “Embrace Failure” als sehr informativ und lehrreich. Schließlich handelt es sich hier um etwas, das auch im Leben eines Product Owners stattfindet. Als Produktmanager wurde mir hier ein guter Eindruck außerhalb meines Kosmos gegeben. Nach diesen zwei Tagen fühlte ich mich motiviert und sehr inspiriert und freue mich schon auf die nächsten Jahre, um zu sehen wie sich einige der gezeigten Produkte weiterentwickelt haben.
Ich hatte allerdings gehofft, dass die Konferenz ähnlich klein ist wie im vergangenen Jahr. Dies war leider nicht der Fall. Ein Geheimtipp ist die design matters nicht mehr, sondern definitiv auf dem Weg eine der größeren Konferenzen in Europa zu werden. Was aber den Vorteil böte, dass dadurch große Speaker angelockt werden. Auch falls es nächstes Jahr nichts werden sollte, sieht man sich bestimmt wieder!