Für unser heutiges Interview in unserer Reihe “produktbezogen im Gespräch” konnten wir Dennis Heinbokel, Mitgründer und VP Product von minubo gewinnen. Dennis spricht mit uns über Produktmanagement und Customer Success bei minubo und erklärt uns, warum Business Intelligence im eCommerce genauso selbstverständlich sein sollte wie Web Analytics.
Was ist minubo? Was macht ihr und was ist euer USP?
minubo ist eine Business Intelligence-Lösung aus der Cloud speziell für den eCommerce. Wir sind kein weiteres Tracking-Tool, sondern verbinden die wichtigsten Daten eines Online-Händlers (aus Webtracking, Shop, Warenwirtschaft/ERP etc.) in einem Data Warehouse und machen sie so nicht nur für jeden Mitarbeiter in Form von Dashboards, Reports und Ad hoc-Analysen zugänglich, sondern gewinnen auch neue Erkenntnisse aus der Kombination der Informationen.
So können wir beispielsweise für jede Marketing-Kampagne die tatsächliche Profitabilität, also auch nach Stornos, Retouren, Wareneinsatz- und Logistikkosten, berechnen. Viele Online-Händler haben jahrelang nur auf Wachstum optimiert und wissen überhaupt nicht, ob sie profitabel arbeiten. Nur Google Analytics reicht dafür nicht aus, und da kommt minubo ins Spiel.
Wer sind eure Zielgruppe / Nutzer?
Online-Händler, egal ob Pure-Player, Multichannel oder Brands, die mehr brauchen als ein Webtracking-Tool und die drei Standardreports ihrer Warenwirtschaft.
Die in jedem Unternehmensbereich, sei es Online-Marketing, CRM oder Einkauf, datengetrieben arbeiten wollen und vor der Frage stehen, ob sie für viel Geld mit externen Beratern ein eigenes Data Warehouse aufbauen. Hier bieten wir – durch Standardisierung und Cloud-Hosting – die deutlich wirtschaftlichere und schnellere Lösung an. Unsere Kunden können in der Regel bereits nach 24 Stunden anfangen, mit ihren Daten zu arbeiten.
Wann und wie seid ihr auf die Idee zu minubo gekommen?
minubo ist aus der nextel Business Intelligence Solutions GmbH hervorgegangen, die als Dienstleister individuelle BI-Projekte umgesetzt hat. Irgendwann ist uns aufgefallen, dass 80% dessen, was wir für die Kunden entwickeln, immer gleich sind. Daraus entstand dann 2012 die Idee, ein Standardprodukt zu entwickeln. Uns war klar, dass wir damit auch unser eigenes Kerngeschäft kannibalisieren würden – aber wir wussten, wenn wir es nicht selbst tun, dann macht es jemand anderes. Ursprünglich war minubo nur als Produkt der nextel geplant – dass wir es dann im August 2013 als eigenes Unternehmen ausgegründet und Venture Capital eingesammelt haben, hat sich erst nach und nach ergeben, als uns das Potenzial klargeworden ist.
Habt ihr eine größere Vision hinter minubo? Wo wollt ihr langfristig hin?
Erstmal wollen wir erreichen, dass Business Intelligence für Online-Händler genauso selbstverständlich wird wie Shop-System oder Web Analytics. Heute müssen wir häufig noch Grundlagenarbeit leisten, bevor wir in den eigentlichen Vertriebsprozess einsteigen können. Langfristig soll um minubo herum dann ein Ökosystem von Apps, Integrationen und Dienstleistungen entstehen. Wir wollen der zentrale Marktplatz für Daten und datengetriebene Anwendungen im eCommerce werden. Es heißt oft, Daten seien das Öl des Digitalzeitalters. Wir wollen die Raffinerie sein, die sie nutzbar macht und überall dorthin verteilt, wo sie gebraucht werden.
Wie funktioniert die Produktentwicklung bei minubo? Wie viele Leute seid ihr im Team und wie sieht die Rollenverteilung aus?
Zur Zeit haben wir zwei Produktmanager, eine UX-Designerin und acht Entwickler. Wir haben einen klassischen Roadmap-Prozess: eine 12-Monats-Roadmap, die mit den Investoren abgestimmt wird; eine 3-Monats-Roadmap, die sich aus den vom Management definierten Quartalszielen ergibt; und 2-wöchige Stakeholder Meetings gemeinsam mit Sales, Marketing und dem Customer Success Team, in denen wir entscheiden, welche Themen wir kurzfristig mit aufnehmen.
Arbeitet ihr nach Scrum oder anderen agilen Methoden?
Ja, die Entwicklung wird mit Scrum in 2-wöchigen Sprints geplant. Damit haben wir sehr gute Erfahrungen gemacht. Innerhalb der Teams organisieren wir uns inzwischen unternehmensweit mit Kanban.
Wie kommt ihr zu neuen Ideen? Betreibt ihr User Research?
Als noch relativ jungem Unternehmen fehlt es uns selten an Ideen, sondern meistens an der Zeit und Kapazität zu deren Umsetzung ;) Auf der strategischen Ebene kommt der Input eher aus unserem Netzwerk an Investoren und Beratern, aus der Konkurrenz- und Marktbeobachtung und aus unserer eigenen Branchenkenntnis. Operativ haben wir den Vorteil, dass unsere Kunden sowohl im Verkaufsprozess als auch während der Nutzung viel Beratung und Unterstützung von uns erhalten und wir daher immer im direkten Kontakt mit den Anwendern stehen. Daraus ergeben sich die meisten Ansätze für Verbesserungen und neue Features. Nicht umsonst sind Produktmanagement und Customer Success organisatorisch bei mir gebündelt – so vermeiden wir Reibungsverluste. Außerdem arbeiten wir sehr eng mit unseren Systempartnern und Resellern zusammen und bekommen von diesen Feedback, was ihre Kunden sich wünschen.
Wie stellt ihr sicher, dass das, was ihr entwickelt, auch wirklich einen Mehrwert (für die Nutzer und für euch) bringt?
Die meisten Anforderungen werden bereits in engem Kontakt zwischen unseren Kunden und unserem Customer Success Team vorbereitet und evaluiert, bevor sie ans Produktmanagement gehen. Bei größeren Projekten fahren wir auch schon mal bewaffnet mit einigen Mockups zu unseren loyalsten Kunden und diskutieren unsere Pläne mit ihnen. Natürlich messen wir nach einem Release, wie gut ein neues Feature angenommen wird. Nicht immer versteht ein Kunde sofort, was eine neue Funktion ihm bringt – dem wirken wir dann mit Mailings, interaktiven Produkttouren, Videos und Webinaren entgegen.
Ihr bietet eine Lösung für Analysen und Reportings für Online-Shops an. Wie analysiert ihr eure eigenen Kunden und Daten?
Wir nutzen Mixpanel zur Messung des Benutzerverhaltens innerhalb unserer Applikation. Da Mixpanel selbst leider nur begrenzte Auswertungsmöglichkeiten zur Verfügung stellt, haben wir MIBI (=minubo BI) gebaut, in das wir sowohl die Mixpanel- als auch Salesforce- und Applikations-Daten laden. So sind wir sehr flexibel und haben abteilungsübergreifend die gleiche Sicht auf die Dinge.
Sicherlich lief bei der Entwicklung von minubo nicht immer alles wie geplant. Was sind die größten Probleme und Herausforderungen bei der Entwicklung gewesen und was habt ihr / hast du daraus gelernt?
Wir haben unser MVP (Minimum Viable Product) noch mit der Technologie gebaut, die wir aus dem Beratungsgeschäft kannten. Erst später haben wir den Schwenk zu „echten“ Cloud-Technologien wie Hadoop gemacht. Dies hat sich als sehr komplex herausgestellt und die Entwicklung von neuen Features über Monate verzögert. Auch heute müssen wir unsere Architektur regelmäßig anpassen, um dem Wachstum und den gestiegenen Datenmengen gerecht zu werden. Es ist vor allem eine Frage der Kommunikation und des Erwartungsmanagements gegenüber den Stakeholdern, dass solche Schritte nicht zu Unzufriedenheit und zu Konflikten führen. Darin werden wir immer besser.
Gab es Momente, an denen ihr eure Strategie / euren Plan ändern musstet? Wenn ja, wie kam es dazu und was habt ihr gemacht?
Unser Ziel war es immer, Business Intelligence für alle Online-Shops zugänglich zu machen. Als wir gestartet sind, war die Alternative eine On-premise-Lösung mit einem sechsstelligen Preisschild. Das konnten wir auf jeden Fall günstiger. Wir haben aber gelernt, dass minubo nicht für jeden Online-Händler geeignet ist. Unsere Lösung ist komplex, beratungsintensiv und kommt mit einem entsprechenden Preisschild. Wer noch nicht verinnerlicht hat, wie wichtig Daten für den Geschäftserfolg sind, wer sich keine Zeit für die Arbeit mit seinen Daten nimmt, wer nicht massiv in sein Wachstum investiert und diese Maßnahmen optimieren will – für den wird es schwierig, das Maximum aus minubo herauszuholen. Eine Zeitlang haben wir versucht, solche Kunden dennoch durch Einsteigerpakete mit abgespecktem Funktionsumfang zu gewinnen. Das war aber nicht nachhaltig – der Betreuungsaufwand stand nicht im Verhältnis zu den Einnahmen und die Churnrate war trotzdem hoch. Wir haben gelernt, dass nicht die Masse der Kunden das entscheidende Kriterium für uns ist, sondern die Klasse. Darauf optimieren wir nun in Marketing, Sales und Produktentwicklung.
Sofern du darüber sprechen kannst: Was sind die aktuellen Themen, aktuelle Herausforderungen, mit denen du dich beschäftigst?
Ganz grob geht es darum, mehr mit den Daten zu machen – sie also nicht nur zu analysieren, sondern Handlungsempfehlungen zu geben und direkt Aktionen auszulösen.
Zum Abschluss noch eine Frage zu deinem persönlichen Werdegang. Wie bist du zum Produktmanagement gekommen?
Ich habe Wirtschaftsinformatik tatsächlich studiert, weil ich an der Schnittstelle zwischen Nutzern und Entwicklern arbeiten wollte. Nach meinem Berufseinstieg bei OTTO habe ich mich vor allem um die Weiterentwicklung von Business-Anwendungen gekümmert, wo diese Rolle eher als Projektmanagement bezeichnet wurde. Ein Bewusstsein für Software als Produkt gab es da kaum, obwohl viele Tätigkeiten und Ziele dieselben waren. Das war den Online-Bereichen mit direktem Bezug zum Endkunden vorbehalten.
Als wir später minubo gegründet und statt Beratungsleistungen plötzlich eine web-basierte Software verkauft haben, haben wir uns an anderen erfolgreichen Unternehmen orientiert, bei denen das Produktmanagement eine hohe Sichtbarkeit in der Organisation hat und sehr methodisch betrieben wird. Wir wollten zu der neuen Generation von Enterprise-Software gehören, bei denen Nutzerfreundlichkeit und Kundenorientierung im Vordergrund stehen, so wie es im B2C-Bereich selbstverständlich ist. Es war dann schnell klar, dass ich als derjenige mit der besten Kenntnis der Kundenanforderungen und dem Projektmanagement-Hintergrund diese Rolle übernehmen würde.
Wie bzw. womit hältst du dich auf dem Laufenden und bildest dich weiter? Hast du Link- oder Buchempfehlungen für unsere Leser?
Nur ein paar Klassiker, die ich mag: Mark Suster, Tony Hsieh – Delivering Happiness, Clayton Christensen – The Innovator’s Dilemma.
Vielen Dank für das Gespräch!
Solltet ihr weitere Fragen an Dennis haben, könnt ihr ihn gerne direkt über XING kontaktieren. Oder ihr schaut euch Dennis eigenen Blog Digitale Analyse an, in dem er über Anayltics im Online-Handel und Analysen zu digitalen Geschäftsmodellen schreibt.
Interessantes Interview – vielen Dank dafür!