Diese Illustration wurde mit Hilfe von Blush erstellt.

Designkritik auf DistanzWie man remote mit Kollegen über Design diskutiert

Designer diskutieren gerne, viel und leidenschaftlich über Produkte, User Experiences, Design und alles, was dazugehört. Auf was sollte man aber achten, wenn man in eine Design Diskussion geht und wie macht man das am besten aus den Homeoffice? Unsere Erfahrungen und Tips möchte ich in diesem Artikel mit euch teilen.

Remote ist das neue Normal

Durch die Corona Pandemie ist für viele die Arbeit von zuhause zum neuen Normal geworden. Wir wählen uns remote in Meetings ein, bearbeiten Dokumente gemeinsam in der Cloud und viele, deren Job das zulässt, bewegen sich sogar schon auf eine neue hybride Arbeitswelt hinzu. Die ersten namhaften Konzerne wie z.B. Microsoft haben bereits angekündigt, dass die Mitarbeiter auch permanent von Zuhause arbeiten dürfen, wenn sie dies wünschen. Für viele ist das remote Setup jedoch nicht erst seit Corona Normalität. Ich denke hier besonders an Arbeitsumgebungen, in denen man Standortübergreifend zusammenarbeitet oder an z.B. Freelancer, die nicht bei jedem Projekt beim Auftraggeber vor Ort im Büro sein können.

Das arbeiten remote ist den meisten Lesern wohl bekannt, dennoch stolpern wir hier und da nicht nur über technische Hürden. Besonders die zwischenmenschlichen Interaktionen in virtuellen Räumen sind für stark kollaborative Phasen in der Produktentwicklung eine große Herausforderung. Die Kreativräume, in die man sich als Team zurückgezogen hat, um fokussiert an einer Kreation zu arbeiten, sind virtuell nur schwer nachzubilden. Das gelegentliche Gespräch mit den Kollegen am Schreibtisch nebenan oder die spontane Diskussion über neue Layouts an der Wand, müssen im remote Setup aktiv geplant und herbeigeführt werden. Aber selbst wenn das Review Meeting mit Teammitgliedern und Stakeholder geplant wurde und alle im virtuellen Raum anwesend sind, fällt es nicht jedem leicht, in diesem Medium effizient über Design zu diskutieren.

Bei XING pflegen wir in der Design Community ein wöchentliches Design Kritik Format. In einem 30 Minuten Meeting stellt ein Designer ein Thema vor und eine Gruppe von Kritikern hilft, das Design zu analysieren und Feedback zu geben. Wir führen diese Kritik-Sessions auch remote durch, da viele Kollegen an unterschiedlichen Standorten in Europa verteilt sind. Durch die Pandemie hat sich bei uns daher in dieser Hinsicht nicht viel geändert, außer dass wir nun zu 100% remote Design diskutieren.

Designkritik kurz erklärt

Wir alle kennen unterschiedlichste Formate und Meetings in denen wir Design diskutieren. Auch bei XING haben wir hiervon ausreichend. Ein typisches Format ist das Review Meeting. Hier werden meist fertige Designs besprochen und es hat zum Ziel eine Entscheidung herbeizuführen und/oder nächste Schritte zu beschließen, um im Prozess voran zu schreiten. Ein etwas anderes Format, in dem Design diskutiert wird, ist die Designkritik. Dieses Format hat zum Ziel, den iterativen Designprozess in allen Phasen zu unterstützen. Es werden verschiedenste Artefakte wie zum Beispiel Produkt Konzepte, detaillierte Layouts und interaktive User Flows auf Stärken und Schwächen hinsichtlich definierter Nutzer- und Business-Ziele analysiert.

Kurz umrissen verläuft eine Designkritik wie folgt:

  1. Wir starten mit einem kurzen Briefing, dass die Nutzer Ziele und Business Ziele, als auch den speziellen Fokus des Feedbacks beschreibt.
  2. Daraufhin führt der Designer durch die Layouts und setzt den Fokus auf Bereiche, die bei der Diskussion analysiert werden sollen und bei denen er weitere Fortschritte machen möchte.
  3. In die Analyse starten wir daraufhin zunächst mit klärenden Fragen, um sicherzustellen, dass nicht falsche Annahmen der Kritiker die Diskussion trüben.
  4. Die weitere Analyse des Designs auf Stärken und Schwächen steht dann im Zentrum des Meetings.
  5. Natürlich besprechen wir auch Ideen, wie das Design weiter verbessert werden könnte und notieren alle Argumente und Ideen im Kollaborationstool mit einer Vielzahl von digitalen Post-its.
  6. Der Abschluss einer Designkritik obliegt dem Designer mit einer kurzen jedoch sehr persönlichen Zusammenfassung des Feedbacks.

Gute Software Tools unterstützen das Gespräch

Ein entscheidender Faktor für eine gute remote Design Diskussion sind die technischen Tools die wir nutzen. Die Tools sollten die typische Situation einer Gruppe von Menschen vor einer Wand mit ausgedruckten Layouts nachbilden. Alle Teilnehmer sehen alle Layouts zu jeder Zeit. Bei Diskussionen über Details tritt man intuitiv näher an die Wand heran, Gestik unterstreicht die Argumentation und ein einfacher Fingerzeig reicht, um die Aufmerksamkeit der Gruppe auf ein Detail zu richten.

All diese Details gehen verloren, wenn man sich in ein virtuelles Meeting einwählt und ein Teilnehmer lediglich seinen Bildschirm teilt. Typische Stolpersteine sind dann oft zu beobachten:

  • Ein gelegentliches “Kannst du nochmal zwei Screens zurückspringen” ist noch ok.
  • Das umständliche dirigieren der Blicke “da rechts ist diese Box… nein, weiter unten… nein, die Box daneben…” macht es schon schwieriger.
  • Manchmal kommt es aber auch zur Kapitulation in Form von “ich kann nicht mehr folgen… schick mir bitte die Datei und ich sehe mir das in Ruhe an”.

Eine effiziente Diskussion über das Design findet dann nicht wirklich statt. Teilnehmer können nur mäßig der Diskussion folgen, die Diskussion ist zäh und im schlimmsten Fall schalten Teilnehmer ab und das gesamte Meeting wird zur Zeitverschwendung. Auf was sollte man beim Tooling demnach achten?

Eine Selbverständlichkeit im Homeoffice und Remote Setup ist die Videokonferenz und eine hoffentlich gute Internetverbindung. Für eine effiziente remote Diskussion über Design ist jedoch auch eines der gängigen Kollaborationstools (z.B. Miro, Mural, Conceptboard, etc.) zu empfehlen. Diese Tools ermöglichen es den Teilnehmern, auf eine virtuelle Leinwand zuzugreifen um visuelle Artefakte frei zu betrachten.

Screenshot aus einer Designkritik Training Session, bei der wir zu Übungszwecken eine beliebige App aus dem App Store analysieren. Hier die Einkaufszettel App “Bring!”.

Ein wichtiger Faktor, um effizient über Design zu diskutieren – nicht nur im remote Setup – ist es, die Layouts im Voraus den Teilnehmern zur Verfügung zu stellen, damit sich diese mit dem Design vertraut machen können. Dies reduziert reaktives Feedback, weil der Überraschungseffekt ausbleibt. Bereits hier kann das im Meeting eingesetzte Kollaborations-Tool helfen, denn besser als ein PDF per Email zu verschicken, ist es einen Link zur vorbereiteten virtuellen Leinwand zu versenden.

Ein Feature vieler Kollaborationstools das unterschätzt wird ist die freie individuelle Steuerung der Ansicht auf die virtuelle Leinwand. Dies ahmt die Freiheit im Büro nach die Layouts an der Wand frei betrachten zu können. Die Gestik kommt in der Videokonferenz meist gar nicht zur Geltung, ist in der Diskussion über Visuelles aber der subtile Unterschied. Ein gutes Kollaborationstool kann auch hier helfen, in dem die virtuellen Mauszeiger aller Teilnehmer für alle zu sehen sind. Wenn die Teilnehmer immer auf die Bereiche zeigen über die sie in dem Moment sprechen, wird es den Zuhörer erleichtert der Argumentation zu folgen. Diese Features scheinen zunächst unwichtig, machen für uns jedoch den entscheidenden Unterschied in der remote Design Diskussion.

Moderation im remote Setup

Eine besondere Rolle im remote Design Meeting obliegt dem Moderator. Jedes Meeting mit mehr als drei Teilnehmern gewinnt durch eine gute Moderation an Effektivität. Wenn zudem Design diskutiert wird, dann ist die Moderation von besonderer Relevanz und remote eine Herausforderung. Es ist deutlich schwieriger den Überblick über die Gruppe zu behalten, alle Teilnehmer gleichermaßen zu Wort kommen zu lassen und bei der Diskussion steuernd einzuwirken, wenn der Fokus verlassen wird. Hier kann die eingesetzte Konferenz-Software und eine Remote-Meeting-Etikette helfen. Wenn alle Teilnehmer ihre Kamera aktivieren, können die typischen Videokonferenzsysteme normalerweise alle Teilnehmer in einer Rasteransicht anzeigen. Auch wenn die Teilnehmer die Layouts im Vollbild auf Ihrem Monitor betrachten und für sie in diesem Moment nur Audio von Relevanz ist, helfen die Videobilder besonders dem Moderator das Meeting zu leiten. Die Anforderungen an den Moderator sind daher nicht zu unterschätzen, mit etwas Übung wird aber jeder Teilnehmer spüren wie es die Meeting Qualität steigert.

Fazit

Seit die Corona-Pandemie uns alle ins Homeoffice geschickt hat, haben wir viele Experimente und Erfahrungen gemacht, wie wir im virtuellen Raum unsere Meetings verbessern können. Aus unserer Erfahrung sind gute Tools nicht zu unterschätzen. Sie unterstützen das Gespräch über visuelle Artefakte enorm und der Invest wird sich durch bessere Meeting-Ergebnisse auszahlen. Auch den Stellenwert einer guten Moderation im remote Setup sollte man nicht unterschätzen. Für den Designer im Meeting ermöglicht der Moderator, sich zu 100% auf das Feedbacks zu konzentrieren.

Ich hoffe ich konnte durch diesen Artikel auch Dir ein paar Tipps und Tricks zur Hand geben, um auch Dein nächstes remote Design Meeting zu beflügeln.

Da auch wir bei weitem nicht alle Herausforderungen gemeistert haben, würde ich mich sehr über eure Tipps, Tricks und Erfahrungen in den Kommentaren freuen.

Über Jan Kiekeben

Jan begeistert sich für digitale Produkte, die wir alle gerne nutzen und Freude daran haben. Dabei interessiert er sich für alle Aspekte des Produktdesigns, wie Human Factors, Research, innovatives Interaktionsdesign und Strategie mit dem Anspruch etwas mehr Freude in die online Welt zu bringen. Als Teamplayer investiert er viel Zeit in die Entwicklung der Designreife seines Teams, seiner Kollegen und der Organisation insgesamt. Mit mehr als 10 Jahren Erfahrung ist Jan derzeit als Senior UX Designer & Design Ops Manager bei XING tätig und versucht Menschen in ihrem professionellen Geschäftsleben miteinander zu verbinden.

7 Kommentare

  1. Madita

    Hallo Jan,

    danke für deinen Einblick in die Welt des Design-Feedbacks im laufenden (remote) Arbeitsprozess bei Xing. Ich denke beinahe alle (UX-) Designerinnen werden sich in dieser Thematik wiederfinden. Was mich daran brennend interessiert ist, wie die Reaktionen der Designerinnen auf dieses Format sind und wie oft die Sessions mit wie vielen Teilnehmern stattfinden.

    Da ich selber als UX-Consultant arbeite stelle ich immer wieder fest, dass (UX-) Designerinnen – im iterativen Prozess – keine langen und perfekt ausgearbeiteten Design-Vorbereitung treffen sollen (was ich btw richtig finde). Du schreibst aber, dass “Ein wichtiger Faktor, um effizient über Design zu diskutieren – nicht nur im remote Setup – ist es, die Layouts im Voraus den Teilnehmern zur Verfügung zu stellen, damit sich diese mit dem Design vertraut machen können.”.
    Dem stimme ich grundsätzlich zu, nur frage ich mich, wie das in der Realität bei euch funktioniert, ohne dass die Designerinnen “präsentationsfähige” Designs erstellen und damit einen erheblichen Mehraufwand haben.
    Auf der anderen Seite finde ich es auch spannend zu erfahren, ob die Teilnehmerinnen der Session die Zeit finden sich die Designs vor dem Termin anzusehen, um qualitativ Feedback geben zu können (ohne vielleicht schon den näheren Background des Projektes zu kennen, welchen ihr offenbar zu Beginn des Termins erläutert).

    Meine persönliche Erfahrung ist es, in einem ungezwungenen, kleinen und vertrauensvollen Rahmen über Konzepte und Designs zu sprechen. So kann Feedback zur Selbstreflektion genutzt werden. Wichtig ist dabei, dass die Teilnehmer sich Zeit nehmen und es als wertvoll (auch für den eignen Lernprozess) ansehen, Feedback zu geben. Aus terminlichen Gesichtspunkten habe ich festgestellt, dass es nicht lange gut geht einen Termin z. B. immer mittwochs um 15 Uhr abzuhalten. Ein Zeitfenster pro Tag könnte eine mögliche Lösung sein – wie z. B. ” Di.-Do. zwischen 11 und 12 Uhr sind die UX-Kolleginnen für Feedback ansprechbar.” Das würde aus meiner Sicht auch tranieren, dass Kolleginnen sich aktiv selber Feedback einholen, weil sie es als wertvoll zu schätzen lernen und nicht als Kritik an ihrer Arbeit verstehen.
    Und damit komme ich zu meiner letzten Frage: warum habt ihr die Session “Design Kritik Format”genannt?

    Eine spannende und vermutlich immer währende Diskussion :-)


  2. Olde Lorenzen-Schmidt

    Moin Jan,

    vielen Dank für diesen weiteren Beitrag zur Designkritik. Ich habe Deinen Ansatz seinerzeit noch vor Ort beim UX-Roundtable oder einem ähnlichen meetup kennen gelernt. Dabei fand ich besonders die wertschätzende Grundhaltung der Teilnehmer/innen wichtig.

    Wie erlebst Du den Umgang der Teilnehmer/innen bei der Designkritik in dem Remote-Setting? Ist es hier schwieriger Design-Kritik zu üben?

    Meine Erfahrung in einem ähnlichen Setting geht soweit, dass Kritik t.w. gar nicht erst stattfindet und ich mich frage, warum eigentlich?!

    Es würde mich auch interessieren, wie Du das Zusammenspiel bzw. Verhältnis von Design User Research und Designkritik einschätzt.

    Viel Erfolg weiterhin

    Olde


  3. Jan Kiekeben

    Hi Madita, Danke für den tollen Kommentar.

    Ich versuche mal kurz auf deine Fragen einzugehen:

    Die Reaktionen unserer Kollegen sind sehr gut. Wir merken, dass sich durch die Designkritik nicht nur unser Design verbessert, sondern auch unsere Feedbackkultur verbessert und die Skills gutes Feedback zu geben stetig trainiert werden.

    Für die Vorbereitung einer Designkritik sollte nicht mehr als 10min investiert werden, damit eben kein Mehraufwand entsteht. Die Designer laden ihre Layouts, die sie diskutieren möchten, mit wenigen Handgriffen in das Board und ergänzen das kurze Briefing Template. Die virtuellen Post-it entstehen dann in der Kritik.

    Die gleiche Vorgabe gilt dann auch für die Kritiker. Sie sollen sich 10min mit dem Briefing und den Screens vertraut machen. Es geht hier nicht darum vorab Feedback vorzubereiten, sondern primär darum reaktives Feedback zu minimieren. Die Kritik-Session starten wir dann mit einer kurzen Einleitung die den Kontext erläutert, damit die Diskussion in der Gruppe daraufhin in die Details vordringen kann.

    Deine persönliche Erfahrung einen kleinen vertrauten Rahmen zu schaffen kann ich nur unterstreichen. Besonders wenn Arbeit in einem frühen unfertigen Stand diskutiert wird ist das sehr wichtig. Genau das tun wir durch feste kleine Gruppen, die sich kennen und wöchentlich treffen.

    Ich finde deine Idee ein explizites offenes Zeitenster zu etablieren eine sehr spannende Idee. Ich kann mir aber vorstellen, dass volle Kalender hier die Herrausforderung für viele sein wird.

    Wenn es jedoch um das wunderbare freiwilliges aktive Feedback geht, spielt uns meine ich die menschliche Psyche einen Streich. Designer tendieren dazu fertige Arbeit zu präsentieren. Das fühlt sich sicherer an. Man glaubt der Kritik eher gewachsen zu sein. Die besten Phasen für Designkritik sind aber die frühen Arbeitsstände in denen noch vieles Möglich ist und eben noch nicht alle Details fixiert sind. Hierfür eignet sich aus meiner Efrahrung dann eher eine feste Routine, die sich zugegeben etwas unangenehm anfühlt bzw. anfühlen muss.

    Zu deiner letzte Frage: Es heißt bei uns intern englisch “Design Critique”. Der Begriff ist relativ geläufig und wird so in verschiedensten Quellen im www als auch in Büchern wie “Discussing Design” von Adam Connor & Aaron Irizarry verwendet und definiert.

    Ich hoffe ich konnte dir ein paar Fragen beantworten. Ein paar weitere Details gibt es auch in meinem Medium Artikel zu Designkritik unter: https://medium.com/xing-design/introducing-design-critiques-to-large-ux-organizations-53ea8ba78e5


  4. Jan Kiekeben

    Hallo Olde,

    Auch Dir danke für den Kommentar.

    Zu Deiner Frage: Ich finde nicht, dass es sehr viel schwieriger ist im Remote Setup, wenn der Rahmen als auch die Tools mitspielen und zudem etwas Meeting-Etikette gepflegt wird. Bei Xing machen wir Remote Designkritik nicht erst seit die Pandemie uns ins Homeoffice geschickt hat, sondern schon immer, da wir über viele Standorte verteilt sind.

    Deine Erfahrung kenne ich und ich habe festgestellt, dass folgende Faktoren dazu beitragen können, wenn es zu keinem Feedback kommt:

    – Es ist eine zu große Gruppe (>7 Personen). Designkritik in großen Meetingrunden zu diskutieren ist ungeeignet. Zum einen kommt nicht jeder ausreichend zu Wort oder es bleibt bei Feedback fetzen die man sich aufschreibt aber nicht tiefer besprechen kann. Manche Kritiker trauen sich auch nicht in großer Runde Feedback zu geben, denn auch da spielt uns ein klein wenig das die psyche (Imposter Syndrom) einen Streich. Man möchte sich nicht mit “schlechtem” Feedback in große Runde blamieren.

    – In der Designkritik sind “Häuptlinge” anwesend. Wenn dann großer Respekt und Hierarchien am Werke sind führt es dazu, dass keine vertrauensvolle Umgebung entsteht sich zu öffnen und frei zu sprechen. Das zu beheben ist manchmal gar nicht so einfach, wen man z.B. in einer Kunde Dienstleister Beziehung steht.

    – Damit ein Designkritik Format wie dieses zum laufen kommt, ist ein Invest in Struktur und Moderation nötig. Mit etwas Übung wird es dann durch die Routine und Praxis immer einfacher. Man muss “Feedback geben” wie einen Skill den man lernen kann betrachten. Das gilt auch für den Kunden, den man ein kelines Stück weit trainieren muss.

    Ich bin mir nicht sicher ob ich deine Frage vom Verhältnis zw. Kritik und Research verstehe. Das eine kann das andere nicht ersetzen. Kritik ist eine “Experten Analyse” und Research (ich denke du meinst einen Usability Test) ist eine Form der Validierung mit Usern.
    Hilf mir die Frage besser zu verstehen.


  5. Olde Lorenzen-Schmidt

    Hallo Jan,
    vielen Dank für Deine Einschätzungen, die ich gut nachvollziehen kann.

    Die Frage zum User Research hast Du schon in Teilen beantwortet, als Du die Designkritik als “Experten Analyse” benannt hast.

    Meine Frage verstehe ich unabhängig von der Research Methode, sei es per Design Research, Tiefeninterviews, Konzepttests, Anmutung- & Designtests, UX-Tests – da gibt es ja eine Menge (mehr) Möglichkeiten direktes und indirektes bzw. implizites Design-Feedback von Usern/ Kunden einzuholen.

    Mich interessiert, ob bei in die Designkritik Ergebnisse aus dem User Research einfließen bzw. einfließen können. Wenn ja, in welcher Form? Oder ob Du Dir vorstellen kannst, wie man UR integrieren könnte, um ggf. eine stärkere, nutzerzentrierte Perspektive zu berücksichtigen?

    Vielen Dank für Deine Einschätzung und herzliche Grüße
    Olde


  6. Jan Kiekeben

    Hallo Olde,

    Deine Frage ist ar nicht so einfach zu beantworten denn da ist ganz viel “kommt drauf an” am Werke.

    Fangen wir mal beim ganz grundsätzlichen Problem an: Wie bringe ich Research Erkenntnisse in die Organisation? Wie schaffe ich es das Research Know How in Projekten, Meetings, Stratgeien usw. eine entscheidende Rolle soielen. Das ist dann mal komplett unabhängig davon, ob wir über Designkritik oder jede andere Konversation sprechen, wo Research Erkenntnisse die Konversation beeinflussen. Allein hierüber kann man Bücher füllen.

    Die Designkritik in dem Format wie wir sie gerade machen, ist eine 30min Session mit einem sehr klaren Fokus. Je nachdem in welchem Status/Phase des Designprozesses sich das Thema gerade befindet sind unterschiedliche Research Erkenntnisse involviert. Vorrangig sind hierfür die Designer verantwortich diese Informationen – wenn sie kritisch sind – in ihre Session mitzubringen. Meist ist aber die Diskussion der Punkt wo diese Erkenntnise aufleuchten und zur Konversation beitragen. Das ist dann das klassische Frage-Antwort-Spiel, wo ein Kritiker mit einer Frage einleitet und in der Konversation Know How von verschiedensten Seiten zur Analyse beitragen. Das sind dann z.B. auch Kritiker, die Erkenntnisse aus ihrem Bereich beisteuern, oder ein kurzer Exkurs in eine Studie die mehr Kontext gibt.

    Es git aber auch sehr spezielle Kritik-Sessions in denen z.B. Visual Design und Design Systeme besprochen werden. Hier sind dann die großen Research Studien manchmal weniger relevant. Wir machen aber auch Designkritik über Research, indem wir z.B. ein Research Setup oder eine Survey analysieren.

    Pauschal kann ich dir da also keine Antwort geben, aber ich hoffe mit etwas mehr Kontext einen Eindruck geben zu können. Lass gerne weiter sprechen, wenn du möchtest. Ich bin neugierig wie ihr das Thema bei euch umsetzt und welche Erfahrungen ihr gemacht habt.

    Gruß Jan


  7. Thorsten Wilhelm

    Guter Ansatz, Danke für das Teilen von Erfahrungen und Tipps.
    Habt ihr inzwischen weitere Erfahrungen sammeln können?
    Und, eine Idee, die mir beim Lesen vor allem der Kommentare kam:
    Um die “innere Sicht” (Stichwort: Betriebsblindheit) zu meiden, könnte ich mir auch sehr gut vorstellen die Designkritik auch mit “Expert:innen” zu machen, die nicht bei euch arbeiten. Das – so denke ich – ersetzt natürlich auch keinen systematischen, methodisch sauber angelegten “User Research” (UR), ist aber sicherlich super wertvoll.
    Ich denke, wenn man dabei Personen seines Vertrauens einbezieht, dann können solche “Kritikrunden” auch mit externen Expert:innen stattfinden. Und zur Not geht man den Weg über eine “Verschwiegenheitsvereinbarung” wir beim UR ja auch immer wieder der Fall.
    Als Ort – in der Nach-Corona-Zeit – könnte ich mir auch Coworking Spaces super gut vorstellen. Hier kann man externe “Expert:innen” leicht finden, und die nötigen Räumlichkeiten sind auch vorhanden.


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