Lesenswert: Calm Technology

Nach dem Hinweis von Sebastian Deterding auf das Buch Calm Technology von Amber Case war ich neugierig auf den Inhalt geworden.

Mir leuchtet die zugrundeliegende Problemstellung ein und ich halte sie für relevant: wenn wir Produktmanager und Interaktionsdesigner weiterhin Software so bauen, wie wir es derzeit tun wird unsere technische Zukunft eine sehr laute!

50 Milliarden Geräte, so eine Schätzung von Cisco, werden im Jahr 2020 vernetzt sein und untereinander aber vor allem auch mit ihren Besitzern kommunizieren wollen: Der Kühlschrank, der Wasserkocher, die Türklingel, jede LED-Birne, die Smartwatch. Alles wird um unsere Aufmerksamkeit buhlen.

Verlockend also die Idee, in einem Buch einige Tipps und Tricks für „leiseres Design“ zu finden.

Das ist gut an dem Buch

Im Buch sind einige wirklich gute Beispiele, die einem bei Diskussionen rund um das Thema calm technology weiterhelfen.

Zum einen rund um den Digitalisierungswahnsinn, dem wir alle bis zu einem gewissen Grad verfallen sind: Ein Kickstarterprojekt für einen Sensor, der anzeigt wie überreif die Bananen in der heimischen Küche sind?! Warum? Bananen haben Schalen. Und die werden graduell braun. Das ist eine Art natürliche Anzeige.

Andere Beispiele sind eher Produktstudien. Ein kleines Display, das nur eine Funktion hat und zwar die nächsten Busabfahrten für die Bushaltestelle vor der eigenen Haustür anzuzeigen. Man wird so unkompliziert informiert und dass, ohne ein Handy nutzen zu müssen, dass einen weiter ablenken könnte. Die Anzeige ist einfach da, immer und lenkt einen nicht ab.

Außerdem hat Amber Case gute Prinzipien für den Design-Prozess formuliert. Acht Stück an der Zahl. Ein einfaches Regelwerk mit dem man sein Produktdesign nochmals hinterfragen könnte. Ein Beispiel:

„Technology should inform and create calm:
A person’s primary task should not be computing, but being human.
Give people what they need to solve their problem, and nothing more.“

Natürlich ist das noch reichlich highlevel. Aber ich finde als Richtlinien durchaus tauglich. Online nachlesen kann man die Prinzipien hier.

Was mir nicht so gut gefallen hat

Ich mochte das Buch sprachlich nicht. Es ist sehr simpel geschrieben und Dinge werden sehr oft wiederholt. Oft musste ich denken: „das hab ich doch gerade schon gelesen…?!“. Das war nicht so schön.

Außerdem finde ich einige der Vorschläge, wie sich calm technology im Unternehmen verankern lässt ziemlich verrückt: ein eigenes Team Gründen, das auf die Einhaltung der Prinzipien achtet? Das scheint mir nur für sehr, sehr große Unternehmen derzeit lohnenswert. Hier hätte ich mir einfachere Ansätze und mehr Praxisbeispiele gewünscht.

Fazit

Ich denke, das Thema calm technology wird in Zukunft weiter wichtig werden und es lohnt sich, sich frühzeitig damit auseinandersetzen. Denn aktuell geht die Tendenz ja eher zu mehr Push-Benachrichtigungen und mehr Notification-Bubbles. Und aktuell führt das auch noch zu guten Conversions. Aber was, wenn die Nutzer dessen müde werden? Also besser vorbereitet sein!

Merken

Über Petra Wille

Petra Wille ist freiberufliche Product Leadership Coachin. Seit 2013 hilft sie Produktteams dabei, ihre Produktmanagement Expertise auszubauen und damit letztendlich bessere Produkte zu bauen. In den vergangenen zwei Jahren konzentrierte sich ihre Arbeit darauf, Produkt-Führungskräften zu helfen, starke Produktteams aufzubauen. Um noch mehr Product Leadern dabei zu helfen, gute Coaches für ihre Mitarbeiter zu werden, hat sie 2016 das Coaching-Kartenset #52questions entwickelt und 2020 das Buch "STRONG product people" geschrieben. Neben ihrer freiberuflichen Tätigkeit schreibt Petra Wille für produktbezogen.de und ist Mitorganisatorin und Kuratorin der Mind the Product Engage Hamburg.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Mit Absenden des Kommentars stimmst Du der Speicherung deiner persönlichen Daten (Name, eMail-Adresse, Webseite und Nachricht) durch uns bis auf Widerruf zu. Zur Vermeidung von Spam und zur rechtlichen Absicherung wird deine IP für 2 Monate gespeichert. Ebenfalls zur Vermeidung von Spam werden diese Daten einmalig an Server der Firma Automattic inc. geschickt. Zur Darstellung eines Nutzerbildes wird die eMail-Adresse im pseudonymisierter Form an Automattic inc. übermittelt. Wenn du einen oder beide Haken für die eMail-Benachrichtigungen setzt, wird deine eMail-Adresse bei Automattic inc. gespeichert. (Datenschutzerklärung)

Du hast noch viel mehr zu erzählen?

Dann schreib doch einen eigenen Artikel auf produktbezogen.

Artikel vorschlagen →