Wie man den richtigen UX Designer findet – ein 3-Schritte-Guide

Gute Leute für ein User Experience Design Team finden ist eine echte Herausforderung. Da ist es fast egal, ob man Interaction Designer, Visual Designer, Copywriter oder User Researcher sucht. Ich spreche immer wieder mit Leuten, die auf der Suche nach User Experience Design-Unterstützung für ihre Firma sind – vom Geschäftsführer bis hin zum User Experience Teamleiter. Teilweise kann es Monate oder bis zu einem Jahr dauern, bis der richtige Mitarbeiter oder Freelancer gefunden wird. Und je weniger praktische User Experience Design-Erfahrung der Suchende hat, desto schwieriger wird es. Ein Dschungel an unterschiedlichen Job Titeln und unterschiedlichen Skills macht das Ganze nicht einfacher. Dieser 3-Schritte-Guide hilft hoffentlich denjenigen, die auf der Suche nach neuen Mitarbeitern oder Kollegen sind.

Schritt 1: den Job Titel Dschungel verstehen (beziehungsweise ignorieren)

Im User Experience Design-Bereich gibt es einen Dschungel an verschiedenen Job-Titeln. Es gibt Interaction Designer, User Experience Designer, Information Designer, Interface Designer, User Experience Architects, Usability Engineers, Information Architects, User Researcher, UX Manager – und noch einige mehr. Seit Neuestem kommen vereinzelt noch Service Designer, Transformation Designer und Behavior Designer hinzu. Es ist also nicht weiter überraschend, das jeder, der die Entwicklung nicht ständig mit verfolgt, hier leicht den Überblick verliert.

Wer also auf der Suche nach einem guten User Experience Designer ist – ich verwende User Experience Designer übrigens immer als übergreifenden Begriff – sollte nicht zu viel Gewicht auf den Job-Titel legen. Und auch ein Portfolio hilft meist nicht weiter. Besser ist ein Blick auf das Mindset und die tatsächlichen Skills des User Experience Designers. Doch dafür muss man zunächst wissen welche Skills man überhaupt braucht.

Schritt 2: Skills definieren

Um zu entscheiden, was für eine Art User Experience benötigt wird, sollte man am Besten mit einer Liste der notwendigen Skills starten. Wenn mich jemand fragt, ob ich ihm einen guten User Experience Designer empfehlen kann, antworte ich deshalb meist mit einer Gegenfrage “Was für einen Designer suchst du denn?”. Hier ist außerdem meine Liste der wichtigsten Skills, die ein User Experience Designer haben sollte:

  • Research:
    Was wollen und brauchen unsere Nutzer? Können sie das Produkt benutzen?
  • Interaction design:
    Wie verhält sich das Produkt? Wie ist es aufgebaut? Welche Funktionen hat es? Welche Funktionen hat es nicht?
  • Visual design:
    Wie ist das Look & Feel des Produktes?
  • Copywriting:
    Wie beschreiben wir das Produkt für unsere Nutzer, so dass sie es verstehen?

Natürlich sind diese Skills nicht alle gleich wichtig und es wird wohl kaum einen User Experience Designer geben, der alles hervorragend kann. Aber so eine Liste hilft sich klar darüber zu werden, welche Skills für einen selbst am Wichtigsten sind oder im Team noch fehlen. Eine komplexe eCommerce Site oder ein mobiles Payment System wird zum Beispiel eher jemanden mit Research- und Interaction Design-Kompetenzen brauchen, ein Image Website eher jemandem mit dem richtigen Händchen für das Visual Design. Je nachdem um welches Produkt es sich handelt, kann es auch sinnvoll sein, dedizierte Researcher, Visual Designer und Copywriter zu haben, die sich dann alle ergänzen. Deswegen ist es so wichtig, sich auch das Design des User Experience Design-Teams gut zu überlegen. Aber das ist noch ein Thema für einen weiteren Artikel.

Nachdem man sich über Skills und Rollen im Klaren ist, kann man sich konkret auf die Suche machen und den besten User Experience Designer für sich auswählen. Das richtige Mindset und die passenden Skills stehen dabei im Vordergrund.

Schritt 3: Mindset und Skills

User Experience Design ist ein relativ neues Berufsfeld und es gibt kein einheitliches Berufsbild. Zudem sind die Aufgaben eines User Experience Designers von Firma zu Firma oft verschieden. Während der User Experience Designer in der Einen die Icons gestaltet, übernimmt er in der Anderen die Konzeption oder die Frontend Programmierung. Oder er kümmert sich um die Usability-Tests. Auf der Suche nach dem passenden User Experience Designer sollte man also immer genau schauen welche Aufgaben der- oder diejenige in den Projekten übernommen hat. Aber ein wirkliches Bild bekommt man oft erst in einem persönlichen Gespräch – und wenn es nur ein Telefonat ist. Mit Fragen wie “Wenn du morgen die Chance hättest, etwas an unserer mobilen Applikation zu ändern, was wäre das?” oder “Was wäre die nächste Idee, die wir deiner Meinung nach unbedingt umsetzen sollten?” erfährt man mehr über das Mindset des User Experience Designers. So bekommt man ein gutes Gefühl, ob Probleme eher konzeptionell oder visuell gelöst werden und ob der Fokus auf den Details oder auf dem Big Picture liegt. Gemeinsam etwas scribbeln ist auch eine tolle Sache und man lernt viel mehr über das Gegenüber, als nur beim Blick auf das Portfolio. Das geht notfalls auch per Skype.

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Und wer aktuell einen Produktmanager sucht, dem ist dieser Artikel zu empfehlen.

Über Inken Petersen

Inken Petersen ist freiberuflicher Product Design Lead aus dem schönen Hamburg. Vor ihrer Selbstständigkeit hat sie das UX Team bei XING aufgebaut. Seit 2012 hilft sie Produkt-Teams dabei ihre UX Kompetenzen gezielt aufzubauen und nutzerzentrierte und erfolgreiche Produkte zu entwickeln. Dabei arbeitet sie je nach Projektfokus als Coach oder auch als hands-on Product Designer.

7 Kommentare

  1. mprove

    Moin Inken,
    in einem Artikel der NN/g stand gerade:
    – Visual style is how the system looks.
    – Interaction is how the system feels.
    – Content strategy is how the system sounds (or speaks).

    Somit teilen sie look’n’feel in zwei Schubladen auf; etwas anders als Du in Deinem Text hier.
    Ich wollte aber eigentlich fragen, was Du (etwas genauer) unter Copywriting verstehst. Es klingt so nach Online-Help und Marketing. Oder korrespondiert das gar zu NNg’s Content Strategy?

    ::Matthias


  2. Inken Petersen Artikelautor

    Moin Matthias,

    das mit der Trennung ist interessant. Wobei ich den Visual Style immer stark im Zusammenhang mit Emotionen sehe, die durch gutes Visual Design beim Nutzer erzeugt werden können – deswegen das “Feel”. Wobei das Verhalten natürlich sicher auch ein “Feel” hervorrufen kann. Also wenn man es ganz streng nimmt hat sowohl der Visual Style als auch die Interaktion ein “Feel” verdient ;)

    Mit dem Copywriting hast du natürlich Recht – da steckt viel mehr drin als nur ein beschreibender Text. Schließlich ist der Text die Stimme des Produktes und wird oft leider recht stiefmütterlich behandelt und nicht im Sinne einer Content Strategy gesehen. Content und Tonalität sind ein wirklich vielschichtiges Thema, das wäre einen (oder sogar mehrere ;)) eigene Artikel in diesem Blog wert. Ich nehme das als Anregung einfach mal mit…


  3. Christophe Stoll

    “Look & feel” ist gleichermaßen Aufgabe von Interaction und Visual Designer. Der visuelle Stil prägt Verhalten, Interaktion die Gestalt. Im Einklang mit Zielen und Inhalt entsteht eine gemeinsame Sprache und dadurch Emotion.

    Das ist wie Harmonie und Rhythmus in der Musik: jedes Instrument im Orchester trägt zu beiden Aspekten bei, aber nicht jedes gleich stark. Schlaginstrumente werden eher als Rhythmus wahrgenommen, aber wenn sie verstimmt sind klingt das Orchester schief. Streicher und Bläser, eher harmonisch dominant, klingen im falschen Rhythmus unerträglich. Und eine langweilige Partitur führt meistens zu einem langweiligen Konzert – es sei denn, es wird gekonnt frei interpretiert, aber dann hat es mit der Partitur auch nicht mehr viel zu tun ;-)

    Wenn die Organisationsgrösse eine Orchestration der Design-Schwerpunkte über mehrere Personen hinweg erfordert, dann müssen diese sehr gut und eng zusammenarbeiten (können). Sie müssen sich lieben und hassen lernen.

    Wenn ich Wunschkonzert spielen dürfte, würde ich mir hier auf Produktbezogen ein Interview mit einer Orchesterleitung oder Dirigent_in wünschen! Wie funktioniert dort das Recruiting? Wie werden “skills definiert”, wie mit Stärken und Schwächen umgegangen? Welche Rolle spielt Generalismus vs. Expertise? Wie wird “das Team” gemanaged, welche Rolle spielt die “Unternehmenskultur”? …


  4. Inken Petersen Artikelautor

    @Christophe: das mit Harmonie und Rhythmus ist ein schöner Vergleich :) Und das mit dem Interview ist gar kein Wunschkonzert, sondern eine gute Idee. Das nehme ich doch gleich mal in Angriff.


  5. Wolf Brüning

    Ein Interview mit einem Orchesterleiter wäre echt mal interessant. Besonders spannend natürlich, ob sich da wirklich allgemeingültige Prinzipien fürs Recruiting ableiten lassen. Kennst du denn da wen, Inken?

    @Christophe: Schön gesagt! Interaction und Visual Designer müssen sich wirklich ein Stück lieben und ein Stück hassen. Beide Rollen – so sie denn getrennt sind – verfolgen nicht immer die gleichen Ziele und so ergibt sich ein herausragendes Produkt nur aus einer vertrauensvollen aber auch spannungsgeladenen Zusammenarbeit der beiden.


  6. Inken Petersen Artikelautor

    @Wolf: da fallen mir auf jeden Fall Leute ein, die wir fragen können. Je nachdem wo man die Design Grenze eben zieht, aber Marke und UX sind ja zum Beispiel öfter in unterschiedlichen Unternehmensbereichen angesiedelt – oder auch an Agenturen ausgelagert. Wenn du einen Vorschlag hast, sag sonst auch gerne Bescheid.


  7. Yvonne

    Hallo,

    ich möchte nur kurz meine Unterscheidung in den Raum werfen. Wobei eine Person meist mehrere der Rollen ausfüllt/ ausfüllen kann:
    User Experience Design: Wie der Nutzer denkt und handelt.

    User Interaction Design: Wie der Nutzer mit dem System interagiert.

    Information Architecture: Wie das System organisiert ist.

    User Interface Design: Wie der Content organisiert ist.


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