Das erste Jahr als Produktmanager – 6 Tipps für junge POs

Im November 2014 begann ich mit meinem ersten Job beim Hamburger Startup HealthCare United. Ich war einer der ersten Angestellten und fand dementsprechend wenig vorhandene Strukturen vor, dafür aber auch sehr viel Freiraum mit der Möglichkeit, sich auszuprobieren. Vorteilhaft war für mich als Berufseinsteiger auch, dass die Grundlagen des Produktes – eine Online-Stellenbörse für das Gesundheitswesen – bereits geschaffen waren und es zwei Wochen nach meinem Start bereits an den Markt ging. Ich konnte auf Personas zurückgreifen, es herrschte Klarheit über die Produktvision und es war klar, in welche Richtung es in den nächsten Monaten gehen sollte.

Zugleich brachte diese Ausgangssituation zahlreiche Herausforderungen mit sich. Als einziger Produktmanager des Unternehmens war ich nicht nur für die Weiterentwicklung der Webseite zuständig, sondern übernahm kurz nach meinem Start auch Aufgaben im Online-Marketing und dem Kunden-Support. Von Tag eins an war ich daher mit wichtigen Entscheidungen konfrontiert – weshalb ich mich manchmal fühlte, als würde ich den Mount Everest ohne Sauerstoffflasche besteigen müssen!

Hier meine Learnings für alle Produktmanager, welche die ersten 12 Monate im neuen Job überleben wollen!

Suche Dir einen Mentor

Für mich der wichtigste Punkt. Ich hatte das Privileg, für die ersten sechs Monate eine Mentorin gestellt zu bekommen, welche mich wöchentlich nach der Arbeit in die wichtigsten Themen rund ums Produktmanagement einarbeitete. Diese regelmäßigen Coachings sorgten dafür, dass ein Rhythmus aus Feedback, Kritik und neuen Ideen entstand, welcher mir half die richtigen Entscheidungen zu treffen. Ebenso konnte ich auf das Netzwerk meiner Mentorin zurückzugreifen und so den ein oder anderen Freelancer für unsere Projekte gewinnen. Nicht zuletzt halfen auch die regelmäßig aufmunternden Worte, wenn man eigentlich glaubt alles richtig gemacht zu haben, aber es trotzdem nicht klappen will.

Natürlich ist mein Fall eine klare Ausnahme – nicht jeder Junior-Produktmanager erhält seinen eigenen Mentor. Dennoch kann man sich an dem ein oder anderen Vorgesetzten orientieren und diesem zumindest als Vorbild für sich nutzen.

Produktmanger sind Produzenten

Als Produktmanager ist es wichtig, immer das große Ganze im Auge zu behalten. Man wird angestellt, um die Idee eines Gründers, Geschäftsführers oder Vorgesetzten in eine Vision und letztlich in ein Produkt umzusetzen. Wichtig dabei ist es, nie die eigentliche Produkt-Vision aus den Augen zu verlieren – und immer im Auge zu behalten, für WEN das Produkt entwickelt wird.

Pro-Tipp: Produkt-Vision ausdrucken und ab damit an die Bürowand, sodass diese für jeden gut sichtbar ist.

Rhythm is a Dancer

An manchen Tagen fühlte ich mich wie ein Jongleur, der auf einer Rakete sitzt und gleichzeitig das Alphabet rückwärts aufsagen muss. Viele Aufgaben auf einmal, doch welche ist wirklich wichtig? Es dauerte eine Weile bis sich bei mir richtig einstellte, welche Aufgaben im Fokus liegen und welche nicht. Hilfreich war hierbei, sich einen eigenen Rhythmus zu generieren: In der Stunde vor dem Daily-Standup zum Beispiel, erledigte ich viel Kleinkram (E-Mails, KPIs, usw.) um erst danach mit den großen Brocken anzufangen. Dieser tägliche Rhythmus half mir, meine Aufgaben klar und strukturiert zu erledigen.

Wissen ist Macht

In meiner Rolle als Produktmanger hat es sich sehr bezahlt gemacht, zumindest die Grundlagen von Themen wie SEO, SEA, Design Thinking und Sales zu beherrschen. Deswegen habe ich auch eine Vielzahl an Büchern und Blogs gelesen, Podcasts gehört,  Vorträge auf YouTube angeschaut usw. Gerade an den Wochenenden versuchte ich, mir den ein oder anderen Nachmittag freizuhalten, um mich in diese Themengebiete einzuarbeiten.

Transparenz durch Kommunikation

Oh, wie habe ich diesen Punkt unterschätzt, denn letztlich ist er reine Fleißarbeit und dabei so wichtig! Denn auf lange Sicht sparen durchdachte Kommunikation und ein gepflegtes Wiki einiges an Zeit und Nerven für jeden Produktmanager. Auch wenn die Wiki-Pflege äußerst nervig sein kann, bieten sich hierfür Freitagnachmittage an, wenn sowieso alles ruhiger ist und man den einen oder anderen Eintrag aktualisieren kann. Vorteil: Wenn die Kollegen fragen, kann man diese direkt auf die jeweilige Wiki-Seite verweisen, ohne lang per Mail oder “bei einem Kaffee” von der eigentlichen Arbeit abgelenkt zu werden.

Auch wurden von mir Rundmails an alle Mitarbeiter nach einem Release sowie nach Meetings versendet. Vorteil: Durch solche Mails mit den wichtigsten Fakten und To-Do’s sind alle weiteren Schritte dokumentiert und jeder Teilnehmer weiß, was er zu tun hat.

Werden diese in meine Augen doch sehr wichtigen Aufgaben regelmäßig umgesetzt, spart man die Zeit, welche durch Nachfragen oder Unwissenheit der Kollegen entsteht.

Bilder statt Worte

Bloß weil es in klaren Worten in einem JIRA-Ticket als Akzeptanzkriterium festgehalten wird, muss dies nicht bedeuten, dass es auch so umgesetzt wird. Bekanntlich sagen Bilder mehr als tausend Worte – deshalb ran an Stift und Papier! Hier haben mir immer einfache Prototypen aus Pappe und Papier oder Wireframes in Axure geholfen. Damit konnte ich meinen Entwicklern oder Designern anschaulich darstellen, was passieren soll, wenn ein Nutzer diese und jene Aktion auslöst.

Das Ergebnis: Ein Entwickler, der weiß was er zu tun hat; eine schnellere Umsetzung, und in der Summe ein deutlich zufriedenerer Produktmanager!

Fazit

Kurzum: Das erste Jahr als Produktmanager ist wie Schwimmen lernen. Man wird ins kalte Nass geworfen, schlägt unkoordiniert um sich, geht auch mal ab und zu unter, schafft es jedoch irgendwie über Wasser zu bleiben. Mit dem ein oder anderen genannten Tipp und dem regelmäßigem Austausch mit Kollegen oder auf Veranstaltungen lässt sich aber jede Hürde meistern!

 

Über Thomas Kern

Nach einem Studium der Politik- und Kommunikationswissenschaft in Augsburg, Köln und Ankara kam Thomas über ein Praktikum im Jahr 2013 in die IT-Branche. Hier entdeckter er auch sein Faible für das Produktmanagement. Nach Studien-Ende begann er sich die ersten Sporen in der Startup-Welt zu verdienen und begann als Produktmanager bei der Online-Stellenbörse HealthCare United. Hier arbeite er als Schnittstelle zwischen Sales, Marketing und Engineering. Seit März 2016 arbeitet Thomas nun für XING erneut als Produktmanager.

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