Warum der Core-Context-Fit die Grundlage für Produkterfolg ist – und wie das Product Field hilft, ihn zu finden

Jede Produktentwicklung ist einzigartig, das heißt sie findet in einer einzigartigen Konstellation von Kräften statt. Zum einen gehen diese Kräfte von Nutzern, Kunden und Märkten aus. Zum anderen wirken bei jeder Produktentwicklung immer auch Kräfte im Inneren der Organisation. Diese beide Seiten (innen/außen) sind in etwa gleich wichtig, denn ohne die Fähigkeit eine passende Lösung zu liefern, nützt uns ein validiertes Kundenproblem nichts, und ohne zu wissen, was Kunden wirklich wollen, werden wir sehr wahrscheinlich die falschen Produkte bauen.

Diese inneren und äußeren Kräfte bilden den Kontext der Produktentwicklung. Und nur dann, wenn dieser Kontext auf die Qualitäten einzahlt, die das Produkt im Kern ausmachen (sollen), wird das Produkt erfolgreich sein. Für jede Produktmanagerin, für jeden Product Owner/Editor sollte es deshalb von zentraler Bedeutung sein, diesen Kontext so gut wie möglich zu kennen, zu verstehen und vor allem ihn ins Bewusstsein sämtlicher Akteure und Stakeholder zu bringen.

Aber wie sieht der Kontext genau aus? Um welche Aspekte geht es überhaupt? Lässt sich der Kontext systematisch erfassen? Wie genau stehen die Kontextaspekte in Beziehung zu den erstrebten Produktqualitäten? Wie genau zahlt der Kontext auf den Produkterfolg ein? Und ließe sich das in einem Workshop-Format methodisch untersuchen?

Diese Fragen sind es, die uns immer wieder in unserer Arbeit als Produktmenschen umgetrieben haben, sei es als Designer (Michael), Produktstrategie-Facilitator (Wolfgang) oder als corporate Product Owner (myself). Können wir die Zusammenhänge zwischen dem Kern des Produkts und seinem Kontext strukturiert erfassen? Gibt es einen Weg, die impliziten Risiken, aber auch die Chancen einer Produktentwicklung schneller und genauer zu erkennen? Und lassen sich daraus vielleicht sogar Rückschlüsse ziehen über die generelle Innovationsfähigkeit der betreffenden Organisation?

Nun ist es ja nicht so, dass es generell an Hilfsmitteln für die Kontextbetrachtung fehlt, deren gibt es zahlreich. Ob Context Map, Business Model Canvas, Customer Interviews, Challenge Map, Empathy Map, Customer Journey Map, Ethnographic Field Studies, Diary Studies, Ressourcenanalysen, Focus Groups, 5 Whys, Elevator Pitch, klassische SWOT Analysen, Value Proposition Canvas, Affinity Map, you name it  – alles hilfreiche Ansätze, die in bestimmten Konstellationen extrem wertvoll sind.

Tatsächlich adressieren diese Verfahren in der Regel nur einen Teilbereich des Kontexts und weniger das gesamte Bild, zumindest nicht in Bezug auf die Produktentwicklung an sich. Dafür brauchte es ein anderes Werkzeug. Eines, mit dem der wahre Zustand einer Produktentwicklung oder gar der Innovationsfähigkeit an sich in seiner Gänze sichtbar gemacht werden kann. Und weil wir selbst ein solches Werkzeug unbedingt in unserer Arbeit einsetzen wollten, haben wir im letzten Herbst mit seiner Entwicklung begonnen.

Nach gefühlt 50 Iterationen, gespeist von immer neuen Erkenntnissen aus Interviews, konzeptionellen Verprobungen und echten Feldeinsätzen, konnten wir das Ergebnis im Juni auf dem Product Tank in Hamburg vorstellen. Das war sie dann also, die Geburtsstunde des Product Field:

Infografik Product Field

Context, please!

Okay, der Kontext besteht nach unserer (mittlerweile rund 40-jährigen) Erfahrung immer aus folgenden acht Aspekten:

GOALS und ihre DRIVERS – Von den strategischen Zielen und den Qualitäten der treibenden Kraft (zum Beispiel des Product Owners) hängt es ab, wie sehr sich das Produkt über seine Uniqueness auszeichnen wird.

USERS und ihre MOTIVATIONS – Von der Gewissheit der Kenntnisse über die Motivation der User hängt es ab, ob das Produkt das richtige Problem löst.

DISTRIBUTION hin zu CUSTOMERS – Das Produkt hat auf dem Weg zum Kunden grundsätzlich eine wie auch immer geartete Competition zu verdrängen.

ENABLERS für die PRODUCTION – Die Herstellung der Solution ist stets angewiesen auf befähigende Kräfte oder Ressourcen.

Core

Der Wesenskern des Produkts (Core) besteht immer aus den bereits oben im Kontext zugeordneten vier Qualitäten:

Problem – hat den Kontext USERS und MOTIVATIONS.

Solution – hat den Kontext ENABLERS und PRODUCTION.

Competition – hat den Kontext DISTRIBUTION und CUSTOMERS.

Uniqueness – hat den Kontext GOALS und DRIVERS.

Auf dem Product Field sind diese Zusammenänge zwischen Core und Context entsprechend systematisch in Beziehung zueinander verortet:

Infografik Product Field Core Context

In dieser Verortung stecken zudem zwei bedeutungstragende Richtungsaspekte, die bei der Anwendung des Product Field sehr hilfreich sein können:

In-out – Die linke Seite repräsentiert das Innen, das heißt die internen Aspekte der innovierenden Organisation. Man könnte auch sagen, hier geht es um die Invention. Dem gegenüber befindet sich rechts das Außen, dort geht es um die Diffusion der Invention. Denn jede Produktentwicklung beziehungsweise Innovation an sich verläuft grundsätzlich von innen nach außen, auf dem Product Field also von links nach rechts.

Abstract-concrete – Während in der oberen Hälfte des Product Field die abstrakten Grundlagen einer Produktentwicklung angeordnet sind, wird es in der unteren Hälfte immer konkret. Deshalb beschreiben wir die Richtung von oben nach unten auch mit Getting Real.

Infografik Product Field Directions

Eine detaillierte Anleitung mit Tipps und Tricks zur Anwendung des Product Field werden wir im Herbst in einem Product Field Guide veröffentlichen. Bis dahin möchte ich die Lektüre dieses empfehlenswerten Beitrags auf Komfortzonen.de und die nachfolgende Videoaufzeichnung vom ProductTank empfehlen. Darin wird ausführlich und gut verständlich auf die konkrete Funktionsweise des Product Field eingegangen.

Mind the Core-Context Fit !

Wer produktbezogen arbeitet spricht heutzutage ganz selbstverständlich vom Problem-Solution Fit und vom Product-Market Fit. Und tatsächlich hat diese Herangehensweise die Qualität der Produktentwicklung wesentlich vorangebracht.

Diese Passungen wird man allerdings nur dann finden, wenn die im Product Field definierten Kontextaspekte (Context) mit den Produktqualitäten im Kern (Core) zusammenpassen – wenn also ein bestmöglicher Core-Context Fit besteht.

Das Product Field bietet nun die Möglichkeit, methodisch zu untersuchen, ob der Produktentwicklung ein Core-Context Fit zugrunde liegt, oder ob Lücken und Unwuchten bestehen, die in welchem Maße auch immer ein Risiko für den Produkterfolg darstellen.

In der Praxis funktioniert das tatsächlich wirklich gut, vorausgesetzt a) die Facilitatorin hat ein wenig Erfahrung mit dem Product Field und b) es kommen wirklich alle entscheidenden Stakeholder zusammen, das heißt auch inklusive C-Level (sofern Corporate das Umfeld ist). So lassen sich die impliziten Schwachstellen einer Produktentwicklung nicht nur schneller und genauer explizit machen, sondern auch mit „executive Rückenwind” wirksam adressieren.

Punkt a) führt mich zu dem Aufruf, die Leseempfehlungen in diesem Beitrag (siehe unten) anzunehmen und das Product Field selbst mit einem einfachen Produkt auszuprobieren – in etwa so wie wir es auf der Premiere mit dem Safety Bike gemacht haben:

Product Field Safety Bike

Weitere Einblicke und Informationen zum Product Field gibt es auf productfield.com und wie gesagt bei den Kollegen von Komfortzonen.de. Ansonsten gibt es das Video von der Premiere auf dem ProductTank Hamburg, einen unterhaltsamen Premierenfeed bei Storify und einige Fotos hier im Blog.

Über Klaus-Peter Frahm

KP ist Leiter Business Development und "serial" Product Owner bei news aktuell (gehört zur dpa) sowie Co-Creator des Product Field. Nebenbei betreibt er weitere Internetprojekte, wie zum Beispiel den Ligagott.

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